Ehemalige LBBW-Wohnungen - 7.500 Sozialwohnungen in Gefahr

Erstveröffentlicht: 
30.08.2013

Vor anderthalb Jahren verkaufte die LBBW über 21.000 Wohnungen, darunter 7.500 Sozialwohnungen, an die umstrittene Immobilienfirma Patrizia. Von Anfang an gab es die Angst, Mieter könnten durch kräftige Mieterhöhungen vertrieben werden. Der SWR hat jetzt Belege dafür, dass das bald der Fall sein könnte.

 

2012 waren die Wohnungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) an das Augsburger Immobilienkonsortium veräußert worden. Von Anfang an gab es Kritik, man habe an eine Heuschrecke verkauft. Die Mieter befürchteten Mieterhöhungen und Luxussanierungen, so dass sie sich die Wohnungen nicht mehr leisten könnten.

 

Die Politik und insbesondere SPD-Finanzminister Nils Schmid, der auch stellvertretender Vorsitzender des LBBW-Aufsichtsrats ist, verwiesen jedoch stets auf die sogenannte Sozialcharta. Diese gewähre den Mietern einen über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Schutz.

 

Betroffen sind in Stuttgart 913 Wohnungen, in Freiburg 325, ebenso 235 Wohnungen in Karlsruhe und 175 in Friedrichshafen.

 

Dem SWR liegt nun aber ein Papier aus dem Finanzministerium vor, wonach die Sozialmieter tatsächlich wesentlich früher mit kräftigen Mieterhöhungen rechnen müssen. Die Süddeutsche Wohnen GmbH (SÜDEWO), eine Verwaltungstochter der Patrizia, hat ein halbes Jahr nach dem Kauf der LBBW-Wohnungen im Herbst 2012 alle öffentlichen Baudarlehen in Höhe von rund 70 Millionen Euro vorzeitig getilgt. Das bedeutet, dass sie nur noch acht Jahre an die Belegungs- und Mietvorschriften für Sozialwohnungen gebunden ist.

"Es hätte nie an Patrizia verkauft werden dürfen."

Mieterbund kritisiert Finanzminister Nils Schmid (SPD)

 

Ab 2021 drohen drastische Mieterhöhungen

Danach müssen die betroffenen Mieter mit deutlich höheren Mieten rechnen, denn ab 2021 kann die SÜDEWO in bestehenden Mietverhältnissen die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Derzeit liegt die Miete zehn bis 15 Prozent darunter. Hätte die SÜDEWO die Baudarlehen nicht vorzeitig abgelöst, müssten die Wohnungen wesentlich länger als Sozialwohnungen vermietet werden – zum Teil bis zu 59 Jahre.

 

Kritik vom Mieterbund

Der Landesgeschäftsführer des Deutschen Mieterbunds Baden-Württemberg, Udo Casper, kritisierte im SWR, es sei absehbar gewesen, dass Patrizia die Mieten erhöhen würde. "Es zeigt sich jetzt, dass SÜDEWO kein Partner für das Land bei der Lösung der großen wohnungspolitischen Probleme ist. Wohnen wird noch teurer werden in Baden-Württemberg." Die preiswerten Sozialwohnungen würden noch schneller vom Markt verschwinden. Der Verkauf an Patrizia sei ein "riesengroßer Fehler" gewesen.

SÜDEWO will sich an Absprachen halten

 

In einer ersten Stellungnahme bekräftigte die SÜDEWO gegenüber dem SWR, dass sie sich an die vertraglichen Vereinbarungen halte und den Sozialmietern eine Verlängerung bezüglich Belegung und Miete garantiere. Ob diese ausgehandelte Sozialcharta jedoch hält, was sie verspricht, ist umstritten. In der Vergangenheit hatte es darum immer wieder heftige Diskussionen gegeben.

Die CDU griff Minister Schmid scharf an. Er habe eine "dilettantische Sozialcharta" zu verantworten, erklärte CDU-Fraktionschef Peter Hauk. Der soziale Schutz stehe nur auf dem Papier und sei gegenüber den Mietern nicht wirksam. Ein Sprecher Schmids wies das zurück.