Bereits seit dem 1. August 2013 besteht das Refugee Protest-Camp in Bitterfeld. Drei der Streikenden Flüchtlinge sind am 7.August in den Hungerstreik getreten. Zwei weitere Menschen haben sich vergangene Woche mit ihnen solidarisiert und ebenfalls den Hungerstreik begonnen. Die einzige Reaktion seitens der Politiker_innen war bisher die Verantwortlichkeit jeweils von sich zu weisen. Ein erstes ernst zu nehmendes Gespräch fand am vergangenen Donnerstag mit der Integrationsbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt statt. Ein Gesprächstermin mit dem Landrat des Landkreises Bitterfeld ist auf Druck der Öffentlichkeit für nächste Woche zustande gekommen. Als politische Geste haben die Flüchtlinge bis dahin ihren Hungerstreik ausgesetzt.
Trotz der mittlerweile dreiwöchigen Präsenz des Camps sind die Flüchtlinge bisher kaum auf Interesse seitens der Bitterfelder_innen gestoßen, geschweige denn, dass es zu breiterer solidarischer Unterstützung gekommen ist. Der Kontakt zur ortsansässigen Bevölkerung besteht hauptsächlich aus rassistischen Sprüchen und Pöbeleien. Am Morgen des 24.08. kam es nun zu einem ernsthaften Vorfall durch Nazis. Gleichzeitig versuchte das Ordnungsamt mit z.T. absurden Auflagen und Schikanen die Existenz des Camps in seiner jetzigen Form zu beeinträchtigen.
Fuer die naechste Woche sind unterschiedliche Veranstaltungen und Aktionen rund um das Camp geplant. Achtet auf Ankuendigungen und kommt vorbei!
Und auch weiterhin braucht das Camp eure Solidaritaet und Unterstuetzung! Wenn ihr koennt, kommt vorbei, seid mit vor Ort praesent oder uebernehmt eine Nachtwache!
Die Streikenden und Unterstuetzer_innen moechten sich auf diesem Weg auch bei allen bedanken, die bereits in den vergangenen Wochen tatkraeftig und aktiv das Camp supported haben! Danke schoen!
Aktuelle Infos: http://refugeeprotestbtf.blogsport.de/
Infotelefon: 0151-21906202
Koordinierung der Nachtwachen: 01573-2431346
Im Folgenden eine Uebersicht zu den aktuellen Ereignissen und Kommuniqués der Streikenden:
Pressemitteilung der Hungerstreikenden Asylsuchenden in Bitterfeld
Wir sind Hungerstreikende, die nur unsere Grundrechte verlangen: Das Recht auf Arbeit, das Recht auf Bildung, das Recht sich frei zu bewegen, und das Recht unser Wohnsitz frei zu wählen. Diese Rechte existieren nicht für uns, da wir „Asylsuchende“ sind! Wir müssen in isolierten Lagern leben. Wir warten jeden Moment darauf, dass die Polizei mit den Abschiebebescheid zu unsere Zimmer kommt. Hungerstreik ist das Mittel unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, um auf uns und unsere Situation aufmerksam zu machen.
Erst am 22. August, nach 15 Tagen Hungerstreik, besuchte Frau Möbeck (Integrationsbeauftragte des Landes Sachsen-Anhalt) unser Protestcamp. Mehr als zwei Stunden haben wir miteinander gesprochen. Nächsten Donnerstag soll es ab 12 Uhr ein Treffen mit dem Landrat, Herrn Böddeker, geben, wo Arbeitsgruppen mit den verschiedenen verantwortlichen des Landkreises Bitterfeld entstehen sollen. Wir setzen deshalb unseren Hungerstreik als politischen Akt und als Geste an die Verantwortlichen bis zum Donnerstag aus.
Wenn es aber bei dem Treffen zu keinen Ergebnissen kommt, werden wir den Hungerstreik fortsetzen. Lieber sterben wir im Protest als langsam im Flüchtlingsheim. Auch haben wir versucht beim Innenminister, Herrn Stahlknecht, einen Termin zu bekommen. Das Innenministerium behauptet, dass es nicht zuständig sei und dass es die Aufgabe des Landkreises und des Bundesamtes sei, die Probleme zu lösen.
Es gibt angeblich keinen freien Termin! Sie sind angeblich nicht zuständig!
Unsere Unterstützer/in versuchen weiterhin einen Termin beim Innenministerium in Magdeburg zu bekommen, damit sie sich nicht ihrer Verantwortung entziehen können.
An dem Treffen nächsten Donnerstag werden auch Unterstützer/in und vertraute Personen teilnehmen. Auch unsere Brüder/ Schwester aus der so genannten „Gemeinschaftsunterkunft Marke“ sollten bei diesem Treffen dabei sein.
Wenn keine unserer Forderungen angesprochen, diskutiert und umgesetzt werden sollte, werden wir für unseren Protest weitere Schritte in Betracht ziehen. Wir werden unseren Kampf auch nach dem 29.August fortsetzen.
Wir fordern:
Anerkennung der Asylgründe und ein Bleiberecht!
Abschaffung der Residenzpflicht!
Abschaffung der Lager! Freie Wahl des Wohnortes und der Wohnung!
Das Recht auf Arbeit und Lernen (Sprache, Berufsausbildung…)!
Wir sind stark und werden für die Verbesserung und für die Rechte aller Flüchtlinge kämpfen.
Wir erwarten, dass unsere Forderungen bei dem Gespräch erfüllt werden.
Wir lassen uns nicht z.B. mit einem sogenannten Heimbeirat als Lösung abspeisen.
Wir haben nichts zu verlieren…Unser Kampf geht bis in den Tod
Die Hungerstreikenden Asylsuchenden in Bitterfeld
24/08/2013
Pressemitteilung zu den Vorfällen am Morgen des 24.08.2013
Am Morgen des Samstag, den 24.08.2013 kam es am Refugee Strike Camp in Bitterfeld zu einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe rassistischer Männer. Einer unter ihnen war durch ein SS-Tattoo, welches er offen am Körper trägt, eindeutig dem Nazi-Spektrum zuzuordnen.
„Gegen 6:00 Uhr frühs ertappte ich die Gruppe von 6 Männern dabei, wie sie darüber beratschlagten, den Generator, der das Camp tagsüber mit Strom versorgt, zu stehlen. Als sie mich sahen folgten sie mir und bedrohten mich.“, berichtet S. Nelius , Teilnehmerin des Camps und Unterstützerin der Flüchtlinge.
Anschließend begannen die Männer lautstark Camp-TeilnehmerInnen auf rassistische Weise zu beleidigen und drohten ihnen körperliche Gewalt, das Anzünden der Zelte und die Zerstörung des Camps an. Von dem Krach geweckt versammelten sich die BewohnerInnen des Camps in einem Gemeinschaftszelt.
Die herbeigerufene Polizei traf 10 Minuten später mit 2 Streifenwagen ein, stellte die Störer zur Rede und nahm ihre Personalien auf.
„Es hat über eine halbe Stunde gedauert, bis die aggressiven Männer den Platzverweisen der Polizei nachgekommen sind. Währenddessen setzten sie vor den Augen der anwesenden Polizisten ihre Drohungen und rassistischen Beleidigungen gegen uns fort, rissen ein Transparent herunter und traten gegen die Schilder auf denen wir unsere Forderungen aufgeschrieben haben. “, berichtet Sina Alinia. Sina Alinia ist Mit-Initiator des Flüchtlingsprotests in Bitterfeld und beteiligte sich am mittlerweile ausgesetzten Hungerstreik.
Im Anschluss stellten Betroffene bei der Polizei Anzeige gegen die Männer wegen Bedrohung, Beleidigung und dem öffentlichen Zeigen verfassungswidriger Kennzeichen.