Am Freitag, dem 23. 8. 13 wird ab 18.00 Uhr, in der “junge Welt Ladengalerie” (Torstraße 6, U-Bhf Rosa-Luxemburg-Platz) eine Informationsveranstaltung zum § 129 Verfahren, welches aktuell gegen GenossInnen in Magdeburg, Stuttgart und Berlin läuft, stattfinden.
Am 22.5.13 stürmten, um 6.00 Uhr in der Frühe, bewaffnete Spezialkräfte die Wohnungen mehrerer GenossInnen. In Folge dessen fanden umfangreiche Hausdurchsuchungen in insgesamt 21 Objekten in Berlin, Stuttgart und Magdeburg statt. Vorgeworfen wird den Beschuldigten die Mitgliedschaft und Unterstützung der Revolutionären Aktionszellen (RAZ) und der Revolutionären Linken (RL), sowie die Mitwirkung an der Publikation der klandestinen Zeitschrift „radikal“. Die Revolutionären Aktionszellen sollen, laut Durchsuchungsbeschluss, eine Nachfolgeorganisation der militanten Gruppe (mg) darstellen.
Die Akten, welche den Beschuldigten nun präsentiert werden, lassen eine jahrelange, äußerst umfangreiche Überwachung erkennen. Der Teil, welcher den Anwälten momentan zur Verfügung gestellt wird, enthält dabei sicherlich nur einen ausgewählten Bruchteil des eigentlich vorhandenen Materials.
Mittel zur Überwachung waren, neben der mittlerweile sehr häufig angewandten Telefonüberwachung auch die, im Zusammenhang mit den Protesten zum Naziaufmarsch in Dresden bekannt gewordene massenhafte Handyortung über Funkzellen, sowie althergebrachte Observationen. Zur Handyortung wurden so genannte „stille SMS“ versandt. Ein am Verfahren beteiligter Anwalt berichtet über das konkrete Vorgehen des Staates, die juristische Lage und aktuellste Entwicklungen.
Was hier aktuell geschieht, reiht sich ein in ein immer konfrontativeres Vorgehen der staatlichen Organe in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, wie Medien, Justiz und Bildung, sowie dem direkten militärischen Kampf gegen linke Bewegungen. Es handelt sich um eine Reaktion auf Krise und weltweit erstarkende Aufstände unter anderem in Folge der Erkenntnis, auch im herrschenden Apparat, dass diese zukünftig, aufgrund der sich weltweit permanent zuspitzenden Widersprüche, zunehmen werden.
In den Medien, Schulen und Universitäten wird, um unsere Kämpfe zu delegitimieren, die sogenannte Extremismusdoktrin verbreitet, welche in einer kruden Logik versucht das Streben nach Veränderungen mit dem Ziele einer menschlicheren Welt, mit rassistischer Zerstörung im Dienste des Kapitals, also fortschrittliche und reaktionäre Gruppen und Bewegungen, gleichzusetzen.
Neuere Taktiken der Aufstandsbekämpfung bestehen dabei z.B. in der Zusammenarbeit von Polizei und Stadtplanern, welche durch Umgestaltung von Parks und Plätzen Stadtviertel leichter kontrollierbar machen sollen. Angestrebt und durch erste Projekte umgesetzt wird auch die Kooperation von Innenministerium und Schulen oder Medien um die sogenannte Extremismustheorie praktisch zu untermauern. Immer häufiger werden auch die ständig weiterentwickelten Technologien im audio und Videobereich, unter anderem in Kombination mit neuen Transportmitteln wie bspw. Drohnen verwendet.
Der Autor Wolf Wetzel veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Buch mit dem Titel „Aufstand in den Städten“ und wird im Rahmen der Veranstaltung zur Thematik „Aufstandsbekämpfung“ sprechen.
Der Paragraph 129, und seine Auswüchse 129 a und b stellen dabei juristische Instrumente für Überwachung, Bedrohung und Behinderung fortschrittlicher politischer Arbeit dar. So wird der § 129 momentan im großen Stile benutzt, um verschiedenste antikapitalistische, antifaschistische und antimilitaristische Initiativen umfangreich auszuforschen und zu sabotieren. Mithilfe des § 129 b legitimieren die Justizorgane hier ihre enge Kooperation mit dem Folterstaat Türkei beim Kampf gegen türkische Linke. Der § 129a entstand 1976 im Kampf des Staates gegen die RAF und fand seither in mehreren Verfahren Anwendung, in welchen es darum ging gegenüber einer Öffentlichkeit Befreiungsbewegungen als Terrorgruppen zu brandmarken.
Die Erfahrungen dieser verschiedenartigen Kämpfe und Verfahren sollten wir gemeinsam reflektieren um daraus folgend, so deutlich wie möglich aufzuzeigen nach welchen menschenverachtenden Prinzipien dieses Gesellschaftssystem funktioniert. Aus diesem Grund wird es in einem weiteren Beitrag der Veranstaltung um Erfahrungen aus dem sogenannten „mg Verfahren“ gehen.
Olli R., welcher aufgrund einer Verurteilung wegen angeblicher Mitgliedschaft in der militanten Gruppe kurz vor einer Entscheidung seines Antrages zur Aussetzung der Haft auf 2/3-Strafe stand, wurde im Kontext der Razzien in den geschlossenen Vollzug nach Berlin Tegel verschleppt. Sein Antrag wurde abgelehnt. Auch über seine spezielle Situation werden wir im Rahmen dieser Veranstaltung informieren.
Anhand der Anwendung dieser Paragraphen mit ähnlichem Tenor aber unterschiedlicher Stoßrichtung wird deutlich, welches Ziel und welche Taktik staatliche Organe momentan verfolgen und in welchen Bereichen sie problematischste und für sie unvorteilhafteste Entwicklungen in den kommenden Jahren erwarten.
Die Kriminalisierung soll uns spalten, doch sie wird, wenn wir dieses Ziel erkennen und dementsprechend handeln, lediglich das Gegenteil erreichen. Unsere Antwort darauf kann also nur die Vernetzung und der gemeinsame Kampf der verschiedenen Teile dieser angegriffenen Bewegung sein.
Linke Politik verteitigen-Fünf Finger sind ne Faust!
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