Hanfpflanzen in Göttingen: Wer hat das schönste Gras?

Guerilla Gardening mit Hanf-Pflanzen: In Göttingen sprießen derzeit Dutzende solcher Exemplare aus dem Boden. Die Grüne Jugend der Stadt hat einen Fotowettbewerb gestartet, etwa 40 Aufnahmen wurden bisher eingereicht - darunter auch diese.
Erstveröffentlicht: 
11.07.2013

Mehrere Kilo Cannabis-Samen hat die Gruppe "Einige Autonome Blumenkinder" in Göttingen verteilt, inzwischen sprießen die Pflanzen fast überall - selbst vor der Polizeiwache. Während die Stadt das Grünzeug ausreißen lässt, sammeln Jungpolitiker Fotos vom schönsten Hanf.

 

Von Anna-Lena Roth

 

Göttingen - Göttingen wird grüner und grüner. Doch das passt nicht jedem. Denn bei den Pflanzen, die derzeit aus den Wiesen, Blumenkübeln und Beeten sprießen, handelt es sich um: Hanf.

 

Die Gruppe "Einige Autonome Blumenkinder" hat Anfang Juni mehrere Kilo Cannabis-Samen in der Stadt verteilt - und das Ergebnis schießt nun aus dem Boden. "Dass wir diese sowohl nützliche als auch ästhetische Pflanze nicht öfter zu Gesicht bekommen, liegt daran, dass der Anbau in Deutschland grundsätzlich verboten ist", schreibt die Gruppe in ihrem Bekennerschreiben. Und das stinkt ihr.

 

Mit der Aktion will die Gruppe gegen die "restriktive Drogenpolitik" protestieren. Es sei nicht einzusehen, "warum Cannabis, anders als Alkohol, nicht legal gekauft werden kann", heißt es in dem Schreiben. Dass selbst der Anbau von Hanfpflanzen mit geringem THC-Wert verboten ist, sei irrwitzig streng. Die "Blumenkinder" fordern deshalb dazu auf, ein "Zeichen gegen die Verteufelung von Cannabis zu setzen". Die Gruppe betont, größtenteils Samen mit einem geringen Anteil des psychoaktiven Tetrahydrocannabinols (THC) verbreitet zu haben.

 

Die Legalisierung von Cannabis ist seit Jahren ein gesellschaftlicher Streitpunkt. Die Gegner argumentieren, dass die Droge keineswegs harmlos sei und deshalb weiterhin verboten gehöre. Die Befürworter weisen darauf hin, dass die legalen Drogen Alkohol und Tabak bei weitem gefährlicher sind als Cannabis. Sie wissen die Zahlen auf ihrer Seite: Allein in Deutschland sterben jedes Jahr Zehntausende Menschen an den Folgen von Alkohol- und Tabakkonsum. Ein weiteres Argument lautet, dass das Cannabis-Verbot die Konsumenten oft in Kontakt mit dem kriminellen Milieu bringt, in dem auch harte Drogen gehandelt werden.

 

"Die majestätische Schönheit der prachtvollen Pflanzen"

 

Einen Unterstützer haben die "Blumenkinder" in der Grünen Jugend (GJ) Göttingen gefunden. "Die Legalisierung von Hanf ist für uns ein ureigenes Anliegen", sagt ein Sprecher. Schon im vergangenen Jahr habe es eine ähnliche Aktion in Göttingen gegeben, allerdings habe sich die Aussaat auf eine Stelle beschränkt. "Jetzt sind die Pflanzen in der ganzen Stadt verteilt."

 

Um eine noch größere Öffentlichkeit für das Thema zu schaffen, hat die GJ einen Fotowettbewerb gestartet, inzwischen gibt es eine zweite Runde. Knapp 40 Aufnahmen von Hanfpflanzen in Göttingen seien eingereicht worden, sagt der Sprecher. Ein Siegerbild werde allerdings nicht gekürt, "die Schönheit der Fotos ist ausreichend".

 

Auf ihrer Internetseite hat die GJ die Bilder veröffentlicht und fordert die Leser auf: "Genießt tiefenentspannt die majestätische Schönheit dieser prachtvollen Pflanzen!" Zu sehen gibt es Hanf auf Wiesen, vor Wohnhäusern - und sogar vor der Polizeiwache der Stadt.

 

Schönheit hin oder her: Bei der Polizei läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. "Diese Aktion ist eine große Sache, da haben sich Leute wirklich Mühe gegeben", sagt die Sprecherin der Polizeiinspektion Göttingen, Jasmin Kaatz. Überall, wo man Dinge einpflanzen könne, sprieße Hanf.

 

Die Beamten sehen sich ihren Angaben zufolge auch die Fotos auf der GJ-Seite an, darauf würden sich zahlreiche Standorte der Hanfpflanzen erkennen lassen. Die Polizisten im Streifendienst sind laut Kaatz besonders aufmerksam: Stoßen sie unterwegs auf das Cannabis-Grün, wird es vernichtet. "Alles, was nach Hanf aussieht, wird rausgerissen", sagt Kaatz.

 

Auch die Mitarbeiter des Grünflächenamtes rücken aus, um die Pflanzen auf den Kompost zu verbannen. Bisher seien es bis zu 70 Stück gewesen, sagt der Sprecher der Stadt Göttingen, Detlef Johannson. Weitere Einsätze seien wohl zu erwarten.