Aufruf zur Demo gegen die Kriminalisierung sozialer Kämpfe! Und für ein Recht auf Stadt! Samstag, 09.03.2013, 15.00 Uhr, Start: Rote Flora
Im April 2011 besetzten 200 Recht auf Stadt-Aktivist_innen das ehemalige Finanzamt in Altona, um einen Kontrapunkt gegen Stadtentwicklungsprozesse- und politik in Form eines selbstverwalteten Stadtteilzentrums zu schaffen. Wenige Stunden nach der Besetzung wurde das Haus geräumt. Gegen 40 Besetzer_innen wurde Strafanzeige gestellt. Knapp 1½ Jahre später erhielten die ersten von ihnen Strafbefehle. Die lange Zeit zwischen Räumung und Verurteilung werten wir als Versuch, den Protest zu entkräften und den Verfahren möglichst wenig Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.
Mittlerweile wurden die ersten Prozesse geführt. Nun steht ein größerer Prozesstag an, zu dem wir uns entschieden haben, größer zu mobilisieren. Wir wollen einen Vorgeschmack auf die kommenden Prozesse bieten und die gelaufenen Aktionen erneut in einen größeren Kontext stellen.
Die Situation in Altona ist exemplarisch für eine Stadtentwicklungspolitik, die sich mehr an Profitmaximierungsinteressen Einzelner und ökonomischer Verwertbarkeit orientiert, als an den konkreten Bedürfnissen der Anwohner_innen. Die Folgen sind rasant steigende Mieten und damit einhergehend die Vertreibung von sozial benachteiligten Menschen und Menschen, die einfach als störend empfunden werden.
Eines unter vielen Beispielen ist die Umstrukturierung der Großen Bergstraße. Der Abriss des Frappants/ des Forums Altona, der IKEA-Bau sowie die Umgestaltung des Goetheplatzes sorgen schon jetzt dafür, dass viele Menschen in der Umgebung die Mieterhöhungen nicht mehr zahlen können. Dass die Stadt selbst in genau solchen Gebieten mit Immobilien spekuliert (wie mit dem Haus, dass vor nun knapp 2 Jahren besetzt wurde), verdeutlicht dieses abermals.
Diese Entwicklung beschränkt sich allerdings nicht nur auf Altona. Überall in Hamburg entstehen Glaspaläste und Bürotürme aus Stahlbeton, während gleichzeitig Obdachlose unter einer Brücke, Alkohol konsumierende Menschen aus dem Hauptbahnhof und Sexarbeiter_innen aus Sankt Georg vertrieben werden. Alles, was sich nicht ökonomisch für den Standort Hamburg verwerten lässt, wird verdrängt.
Partizipieren dürfen nur die Menschen, die sich in das Bild der neuen Stadt integrieren lassen. Mit der neuen Mitte Altona und der Ansiedlung von IKEA in der neuen Großen Bergstraße hat gerade in Altona die Verdrängung noch weiter zu genommen.
Mit der Inszenierung eines Beteiligungstheaters versuchte die Stadt anfangs, dem Widerstand den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch eine andere Stadt ist nur im Ganzen zu haben. Während bestimmte Menschen in diesem Verfahren sowieso nicht mitspielen dürfen – sei es weil sie keine Wohnung oder keinen deutschen Pass haben – werden grundsätzliche Fragen gar nicht erst gestellt. Für uns heißt Stadt selbst machen mehr, als nur zwischen Ludwig Erhard- oder Konrad Adenauer Laterne wählen zu dürfen. Nicht zuletzt die Erfahrungen im Schanzenviertel haben gezeigt, dass es bei den „Beteiligungsverfahren“ von STEG und Co. immer auch um die Kanalisierung und Befriedung sozialer Kämpfe geht.
Deshalb organisieren wir uns selbstbestimmt auf Demonstrationen, Stadtteilversammlungen und in sozialen Zentren.
Wenn wir uns den städtischen Raum nehmen, dann aus einer selbstbestimmten Perspektive der Aneignung, nicht aus einer fragenden/bittenden Haltung, heraus.
Für die Stadt ist die Besetzung von Wohnraum kriminell, für uns ist das Aufbrechen von Türen und Schlössern, die Leerstand produzieren, dagegen politisch sinnvoll und gesellschaftlich notwendig, um Wohnungsnot zu beenden. Legalität ist vor allem ein Mittel der Politik und Übertretungen dieser Legalität sind notwendig, um eben dieser Legalität andere Vorstellungen des Zusammenlebens entgegenzusetzen und Stillstand zu beenden.
„Das System“ mit seiner kapitalistischen Verwertungslogik zwingt uns in eine konstruierte Gesellschaftsstruktur, die wir als alternativlos – quasi als Naturgesetz zu akzeptieren haben. Dass in diesem Konstrukt immer mehr Menschen auf der Strecke bleiben und in ihrer Existenz bedroht werden ist dabei keine „Nebenwirkung“, sondern fester Bestandteil und zum Teil zwingende Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der herrschenden (Macht-)Verhältnisse.
Menschen, die Alternativen zum Bestehenden ausprobieren möchten und sich in sozialen Kämpfen gegen diese Strukturen auflehnen, werden als „Extremist_innen“ kriminalisiert und mit den unterschiedlichsten Formen der Repression überzogen.
Der Kampf gegen die bestehenden Verhältnisse ist also immer auch ein Kampf gegen die Kriminalisierung des Kampfes selbst.
Mit der Demonstration wollen wir auf die aktuell laufenden Prozesse aufmerksam machen, unsere Forderungen auf die Straße tragen und zeigen, dass Politik gegen die Menschen nicht um Widerstand der Menschen herum kommt.
Kommt und solidarisiert euch! – One struggle – one fight!
Lasst uns ein Zeichen dafür setzen, dass wir uns weder einschüchtern noch kriminalisieren lassen!
Für die Einstellung aller Verfahren gegen Besetzer_innen!
Für mehr soziale/autonome Zentren hier und anderswo!