Noch keine Konsequenzen gezogen
Darf ein Staatssekretär in einer rechten Burschenschaft sein? Der Berliner Sozial-Staatssekretär Michael Büge, CDU, ist Mitglied bei Gothia. Bis Ende Januar wollte er eigentlich aus dieser studentischen Verbindung austreten oder durchsetzen, dass Gothia den umstrittenen Dachverband Deutsche Burschenschaft verlässt. Bislang ist außer Spesen nichts gewesen. Ein Beitrag von Jan Menzel.
Die Frist ist verstrichen. Schon vor einer Woche wollte Michael Büge entscheiden, ob er in der Burschenschaft Gothia bleibt. Doch der CDU-Politiker ist auf Tauchstation. Dabei hat es an klaren Worten nicht gemangelt.
Unlängst stellte Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres, SPD, im Parlament offiziell klar, was der Senat von Burschenschaften hält: "Berliner Hochschulen haben aus gutem Grund eine kritische Haltung zum Thema Burschenschaften. Es lässt sich nicht leugnen, dass einige Burschenschaften – insbesondere burschenschaftliche Gemeinschaften – Verbindungen zur rechtsextremen Szene haben.“
Büge will nicht über "private" Tätigkeiten reden
Büge hatte sich zuletzt im November in einem Zeitungsinterview geäußert und gesagt, er lasse sich nicht in die rechte Ecke stellen. Vor einigen Wochen wurde er im Abgeordnetenhaus von der Opposition direkt auf seine Mitgliedschaft angesprochen.
Seine Reaktion damals: Er wird auf keinen Fall im Rahmen eines Ausschusses über private Tätigkeiten reden und zwar weder über "mein Familienleben noch über meine Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung seit 1989 noch über andere private Dinge wie Sexualität oder ähnliches".
Die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft ist also etwas Intimes wie Sexualität - was völlig losgelöst von der Politik und von der Arbeit an der Spitze einer Senatsverwaltung zu betrachten sei, so lautet offenbar Büges Argumentation.
Rücktrittsforderungen werden laut
Für Clara Herrmann, bei den Grünen zuständig für Strategien gegen Rechtsextremismus, ist das jedoch eine Trennung, die der Staatssekretär selbst nicht einhält. Büge lasse sich völlig offen als "Spitzenpolitiker" auf der Internetseite seiner Burschenschaft führen, so Herrmann, und zwar in Uniform. "Und er geht als Spitzenpolitiker, als Staatssekretär zu Veranstaltungen dieser Burschenschaft". Einer Burschenschaft, die übrigens auch Redakteure der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit zu sich einlädt.
Eine Burschenschaft, noch dazu eine schlagende Verbindung, sei etwas anderes als ein Kegelverein, sagt auch Berlins Juso-Vorsitzender Kevin Kühnert. Für ihn ist, nachdem Büges selbst gesetzte Frist verstrichen ist, das Maß voll. Er fordert den Rücktritt vom Amt des Staatssekretärs. "Ich möchte weder einen Staatssekretär haben, der in so einer rechtskonservativen Vereinigung ist, noch einen, der uns systematisch anlügt. Das sind zwei Gründe, die zusammen wahrlich genug sind, um zurückzutreten."
Michael Büge wollte sich gegenüber dem rbb auch auf wiederholte Anfrage nicht äußern. Sein Fall wird jedoch auch im Roten Rathaus beobachtet: Normalerweise werden Staatssekretäre relativ schnell auf Lebenszeit verbeamtet. Büge muss auf diesen Vertrauensbeweis derzeit noch warten.
Jan Menzel, rbb Landespolitik