(2) Doku Polizeigewalt in Schleswig 2. Teil

figuren polizei gewalttäterInnen

2. Teil: Die Sache mit der Dienstaufsichtsbeschwerde

Schleswig ist der Standort des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts. Im Frühjahr 2011 wurde dort gegen Antimilitarist_Innen der Husumer Initiative „militarismus-jetzt-stoppen“ wegen einer Blockadeaktion im Jahr gegen eine Manöververlegung der Husumer Militärs verhandelt (Diese stellen zur Zeit den Führungsstab des Einsatzkontigentes in der Türkei). Parallel zur Verhandlung kam es zu massiver Polizeigewalt. Und anstatt diese aufzuklären, kriminalisiert die Justiz die Betroffenen. Um über die Hintergründe der Prozesse am 20.3. (Beleidigung), 4.4. (Widerstand) und 17.4. (Widerstand) zu informieren, veröffentlichen wir in loser Reinfolge eine Artikelserie zur Dokumentation von Polizeigewalt in Schleswig.

 

Mehr  Infos zu den damaligen Geschehnissen über diesen Artikel hinaus:

http://husuma.nirgendwo.info/2012/02/20/antimil-gleisblockade-polizei-sl...

 

Link zum 1. Teil der Doku: „Gilt die Pressefreiheit auch in Schleswig?“ http://husuma.nirgendwo.info/2013/02/10/bilder/

 

Teil 2: Die Sache mit der Dienstaufsichtsbeschwerde

 

„Ich habe im Anschluss an Demonstrationen schon häufig die Sätze gehört: Mach dir nicht die Mühe einer Anzeige, die Polizei wird doch keinen der ihren verraten. Dann wird auch noch dein Name registriert. Im schlimmsten Fall bekommst du eine Gegenanzeige.“ Scheinbar hatte der grüne Landtagsabgeordnete Thorsten Fürther in einer Landtagsdebatte zur Kennzeichnungspflicht von PolizistInnen einen lichten Moment. Doch der war schnell vorbei: „Um es deutlich zu sagen: Ich mache mir diese Haltung nicht zu eigen, und ich glaube auch nicht, dass diese Einschätzung die Polizei Schleswig-Holsteins zutreffend beschreibt.“ Das es leider doch so ist, dokumentiert folgender Fall aus Schleswig.

 

Polizeigewalt im Polizeibericht

4.2.2011 in Schleswig. Das Oberlandesgericht verknackt gerade ein Antimilitaristin, die bei einer Protestaktionen einen Militärtransport der Bundeswehr aufgehalten hatte (link) , zu Schadensersatz. (link). Während dessen geht die Schleswiger Polizei gewalttätig gegen UnterstützerInnen der Angeklagten vor. Laut Aktenlage bestreiten die Beamten den eigenen Gewalteinsatz auch überhaupt nicht:

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/Aktenschnippel-Paulsen-Schlagstock.jpg

 

Im Bericht keine Beleidigung

Der Aktenvermerk des angeblich als „staatlich bezahlten Gewalttäter“ beleidigten Einsatzleiter PHK Ralf Lohmeyer ist zwar schon am 4.2. geschrieben (und am 8.2. noch einmal geändert) worden, aber von „Anzeige“ und „Beleidigung“ findet sich zu diesem Zeitpunkt noch nichts in der Akte.

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/Bericht-Lohmeyer-4.2.2011-1.jpg

 

und die Fortsetzung:

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/Bericht-Lohmeyer-4.2.2011-2.jpg

 

Auch der Kollege schildert keine Beleidigung

Auch sein Kollege POM Hauke Messer betont am 5.2.2011 in seinem Bericht noch, das es in der später im Strafbefehl erwähnten Situation zwar „Protestaktionen“ gegeben habe, diese „jedoch keine Straf-, bzw. Owi-Tatbestände erfüllten.“

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/Keine-Straftat-5.2.2011-H-Messer.jpg

 

Anzeige nach Beschwerde

Ein kritischer Journalist schreibt am 7.2.2011 eine Rechercheanfrage zu den Vorgängen.

Diese Rechercheanfrage wird als Dienstaufsichtsbeschwerde an an den Staatsschutz weiter geleitet und wird abgelehnt. Hier taucht zum ersten Mal der Vorwurf der Beleidigung bzgl. „staatlich bezahlte Gewalttäter“ auf. Also schlägt Staatsschützer KHK Neustadt dem Polizeikommisar Lohmeyer am 9.3.11 vor, doch eine Anzeige wegen Beleidigung zu machen. Und Lohmeyer verspricht laut Telefonnotiz dieses Revangefoul mit dem Dienstvorgesetzten abzuklären.

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/aktenschnippel-Neust%C3%A4dter-anzeig...

 

Staatsschutz schreibt Anzeige

Am 17.3, also über einen Monat nach der angeblichen Beleidigung, ist der Strafantrag da. Selbstverständlich gegen den kritischen Journalisten und nicht gegen einen der Prügelpolizisten. Der Vorwurf lautet „Beleidigung“. Der Journalist soll nach einem Gewalteinsatz der Beamten den Einsatzleiter gefragt haben, ob dieser der „ranghöchste staatliche Gewalttäter“ sei, und ob er den Einsatz leite. Und der Staatsschutzbeamte KHK Neustadt schreibt auch gleich selbst die Anzeige am 22.3.11.

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/aktenschnippel-anzeige-Beleidigung.jpg

 

 

Staatsanwalt Truknus spielt mit

Und die Justiz spielt das Spiel mit. Staatsanwalt Trugnus findet nichts Schlimmes an Prügelpolizisten und aber das Benennen von Gewalttätigkeit der Polizei ist na klar schlimm:

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/sta-truknus-14.4.2011-beide-teile.jpg

 

Strafbefehl nach Beschwerde

Und auch die Rechtssprechende Gewalt sieht das offensichtlich auch so und stellt einen Strafbefehl aus. Das Problem: Ein Gericht darf einen Strafbefehl nur ausstellen, wenn es laut Aktenlage von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist und deshalb eine Verhandlung für überflüssig hält. Wird kein Einspruch gegen den Strafbefehl binnen 14 Tagen eingelegt, gilt dieser als rechtskräftige Verurteilung - ganz ohne ordentliches Gerichtsverfahren und Verteidigung.

 

http://husuma.nirgendwo.info/files/strafbefehl.jpg

 

 

Gerichtsprozess am 20.3.2013

Der betroffene Journalist, der für sein kritisches Nachhaken kriminalisiert wurde, legte Einspruch ein, und so kommt es nun am 20.3.2013 um 9h am Amtsgericht Schleswig zur Gerichtsverhandlung wegen Beleidigung. Die Verhandlung wird öffentlich sein. Vielleicht mag ja auch Herr Fürther kommen, um sich live anzusehen, was von der Rolle der Polizei als ausführende Gewalt im demokratischen Regime zu halten ist?

 

Weitere Prozesse gegen damalige Prozessbesucherinnen

Am 4.4. wird wegen angeblichen Widerstandes verhandelt. Am 17.4 geht es um Widerstand, Beleidigung und „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“. „mit der Kriminalisierung von den betroffenen von Polizeigewalt versuchen die BeamtInnen regelmäßig, von ihren eigenen Gewalttaten abzulenken!“ sagt einer der Betroffenen.

 

Schadensersatzklage gegen AntimilitaristInnen am 1.März

Darüber hinaus wird auch wieder in der eigentliche Hauptsache um die Gleisblockade gegen einen Militärtransport verhandelt. Am 1.3. um 9:00 entscheidet das Amtsgericht Husum über die Schadensersatzklage des Konzerns Veolia bzgl. Schadensersatz für Schienenersatzverkehr (mehr Infos: http://husuma.nirgendwo.info/2013/01/19/husum-1-marz-gerichtsprozess-weg... ).

 

Außerdem empfehlenswert: Ein Hintergrundartikel zur „Gewalt“-Kampagne der Polizeigewerkschaften: http://husuma.nirgendwo.info/2011/05/04/frust-und-zorn-uber-die-politik/

 

Mehr Infos, genauere Schilderungen und Quellen unter: www.militarismus-jetzt-stoppen.de.vu