Bundesweite Razzia bei Fotografen

Erstveröffentlicht: 
06.02.2013

Update In mehreren Bundesländern haben Polizisten am frühen Morgen die Wohnungen von Fotografen durchsucht. Nach Tagesspiegel-Informationen sicherten die Beamten dabei Tausende Daten von den Rechnern der Betroffenen.

 

Hunderte Beamte haben am Mittwochmorgen in Hessen, Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg die Wohnungen von bislang acht Fotografen durchsucht. Die Männer gelten nicht als Beschuldigte, ihre Fotos sollen auf Wunsch der Behörden in Frankfurt am Main allerdings bei der Suche nach Verdächtigen helfen. Einer der Betroffenen war bei der Razzia nicht mal anwesend, er befindet sich auf einer Dienstreise - seine Wohnung wurde trotzdem aufgebrochen. Zwei der freiberuflich arbeitenden Fotografen sind auch für den Tagesspiegel tätig. Zusammen mit den anderen sollen sie vergangenes Jahr bei den Protesten gegen die Finanzpolitik von Bundesregierung und Europäischer Union in der Bankenstadt dabei gewesen sein.

 

Die hessische Polizei geht davon aus, dass bei ihnen Fotos gefunden werden könnten, die eine Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Einsatzkräften zeigen. Offiziell werden Beweismittel im Falle einer Körperverletzung gesucht. Die Fotografen wollen Beschwerde gegen die Razzia einlegen. Das Kopieren ihrer Daten durch die Polizei sei unrechtmäßig gewesen. Ähnlich sehen das traditionell Journalistenverbände. "Medienvertreter sind keine Hilfspolizisten - und ihre Arbeit einzuschränken ist falsch", sagte Andreas Köhn am Mittwoch dem Tagesspiegel. Köhn betreut für die Gewerkschaft Verdi auch Journalisten. Verdi hat den Betroffenen für etwaige Prozesse schon Rechtsschutz zugesichert.

 

"Wir werden uns rechtlich wehren, allein bei mir wurden 1341 Bilder kopiert", sagte Christian Jäger, als Fotograf vor allem in Berlin und Brandenburg tätig. Die Betroffenen weisen darauf hin, dass Ermittler sie im vergangenen Jahr sowohl per E-Mail als auch telefonisch zu den Demonstrationen befragt hätten. "Ich jedenfalls habe ihnen erklärt, dass ich keine Aufnahmen mit einer möglichen Schlägerei habe", sagte Jäger. Dabei hätte es die Polizei belassen müssen, teilte Verdi mit.

 

Für den Einsatz interessiert sich auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. Benedikt Lux, Innenexperte der Berliner Grünen, wies darauf hin, dass auch Räume von freien Fotografen als Redaktionsräume gelten können. Redaktionen genießen durch die verfassungsrechtlich verankerte Pressefreiheit besonderen Schutz. Razzien dort werden nur in Ausnahmefällen für rechtens erklärt. Hakan Taş von der Linken sagte: "Auch die Wohnungen von freien Journalisten müssen den grundgesetzlichen Schutz genießen, wenn dort journalistisch gearbeitet wird." Die zuständige Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main will die gewonnenen Daten nun prüfen. Sollte sich herausstellen, dass die Fotografen dort nicht nur für ihr eigenes Archiv, sondern tatsächlich für Zeitungen tätig waren, werde man die Bilder vorerst nicht auswerten. "Die Männer sind nicht verdächtig, fest steht aber, ein Ermittlungsrichter hat die Durchsuchung genehmigt", sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

 

Im Dezember hatte die Berliner Staatsanwaltschaft die Redaktion der „Berliner Morgenpost“ durchsuchen lassen und Unterlagen beschlagnahmt. Gegen einen Reporter wird wegen Bestechungsverdachtes ermittelt. Neben Kritik von Journalistenverbänden hatte der Axel-Springer-Verlag, zu dem die Zeitung gehört, Rechtsmittel gegen den Einsatz eingelegt.