Johann-Sebastian-Bach-Straße: Stadtbau macht große Zugeständnisse – Mieter zieht aus

Erstveröffentlicht: 
28.12.2012

Die Stadtbau hat sich mit dem letzten Mieter eines Hauses in der Johann-Sebastian-Bach-Straße geeinigt. Der Mann zieht aus, das Haus kann abgerissen werden – zum Preis großer Zugeständnisse

 

Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Freiburger Stadtbau (FSB) hat für den 66-Jährigen, der in dem letzten verbliebenen Gebäude einer Häuserzeile mit insgesamt 97 Wohnungen ausharrte, eine Ersatzwohnung in der Nähe gefunden und ihm ein Mietrecht auf Lebenszeit zugesichert. Zudem richtet sie die neue Wohnung her und übernimmt die Umzugskosten. Eine Räumungsklage der FSB hatte das Amtsgericht im November abgewiesen.

In der Johann-Sebastian-Bach-Straße im Musikerviertel baut die Stadtbau auf der einen Seite 14 Reihenhäuser und auf der anderen 27 Mietwohnungen. Bis 2011 befanden sich dort in zwei Häuserzeilen 97 "Kleinrentnerwohnungen" aus den frühen 1950er Jahren – kleine Wohnungen für ältere Menschen mit niedrigem Einkommen oder niedriger Rente. Bis 2009 war die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Generalvermieterin, danach trat die FSB als Eigentümerin selbst als Vermieterin auf – und entschied sich zum Abriss, da ihr eine Sanierung nicht rentabel erschien. In der Folge zogen alle Mieter aus – bis auf den 66-jährigen Rentner Hermann Josef P. Er wohnt seit langem für 140 Euro warm allein in Haus Nummer 32 in einer Ein-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss. Das acht Wohnungen umfassende Gebäude ist das einzige der Häuserzeile, das noch nicht abgerissen ist.

 

Eine Räumungsklage der FSB hatte das Amtsgericht abgewiesen. Die Begründung: Eine Sanierung der alten Wohnungen wäre keineswegs so unrentabel gewesen, dass eine Neubebauung wirtschaftlich zwingend war. Dies hatte die FSB stets behauptet. Nach der abgewiesenen Räumungsklage wollte FSB-Geschäftsführer Ralf Klausmann ursprünglich in Berufung gehen, nun entschied sich die Stadtbau doch dagegen. Obwohl Klausmann noch im November sagte, dass man nicht unter Zeitdruck stehe, war die Zeitkomponente nun doch ausschlaggebend für die Einigung. Denn der Bau der neuen Wohnungen kann nicht beginnen, bevor Hermann Josef P. ausgezogen ist.

P. wollte unbedingt in Herdern bleiben, weil er dort die längste Zeit seines Lebens wohnt. Die Stadtbau stellt ihm nun eine Wohnung aus ihrem Bestand ganz in der Nähe in der Richard-Wagner-Straße zur Verfügung, und zwar zu einem für ihn akzeptablen Mietpreis. Sein Anwalt Christian Kuhn-Régnier ist zufrieden: "Das ist eine super Lösung." Das vereinbarte Paket sei ordentlich, es zeige, wie sehr die Stadtbau unter Zeitdruck stehe – so zahlt sie nicht nur die Sanierung, eine Einbauküche und den Umzug, sondern auch eine kleine Entschädigung. Zudem hat sich P. für den Fall, dass die Stadtbau das Haus in der Richard-Wagner-Straße verkauft oder abreißen lässt, zusichern lassen, dass ihm eine andere Unterkunft in Herdern zum selben Mietpreis zusteht, denn sein 2002 mit der AWO geschlossener Mietvertrag enthielt den Passus: "Das Wohnungsunternehmen wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen."

Die Einigung muss das Gericht noch formal besiegeln. P.s Umzug ist in einigen Wochen geplant. "Wir freuen uns, eine gute Lösung für alle Beteiligten gefunden zu haben", sagt FSB-Sprecherin Annette Engelke. Und Kuhn-Régnier lässt ausrichten, dass sein Mandant "super froh" sei. "Das war für ihn eine harte Zeit."