Milde Urteile nach Überfall auf Stuttgarter Gay-Kneipe

Erstveröffentlicht: 
30.08.2012

Goldener Heinrich


Drei Rechtsradikale sind am Dienstag nach dem Überfall auf den "Goldenen Heinrich" vom Amtsgericht Stuttgart verurteilt worden – zwei erhielten Bewährungsstrafen, der 23-jährige Rädelsführer eine zweimonatige Haftstrafe.


Die drei Täter im Alter zwischen 20 und 26 Jahren hatten in dem beliebten Schwulenlokal in alkoholisiertem Zustand zwei Gäste im Alter von 46 und 64 Jahren mit Schlägen und Tränengas verletzt und dabei rechte Parolen gebrüllt (queer.de berichtete). Das Jugendschöffengericht verurteilte sie deshalb wegen schwerer Körperverletzung und wegen des Verwendens von verfassungswidriger Kennzeichen. Der Vorwurf der Volksverhetzung und der Verächtlichmachung musste zurückgenommen werden, da die Staatsanwältin nicht nachweisen konnte, dass die drei Rechtsradikalen bewusst in das Schwulenlokal gegangen sind.

 

Besserer Diskriminierungsschutz gefordert

 

Maike Pfuderer, die Sprecherin des Arbeitskreises QueerGrün der Stuttgarter Grünen, zieht aus dem Prozessverlauf den Schluss, dass die Community weiter um die Aufnahme der sexuellen Identität in Artikel 3 des Grundgesetzes kämpfen muss. "Nur auf diesem Weg erreichen Lesben, Schwulen und Transgender die Sensibilisierung der Justiz", so Pfunderer. Artikel 3 enthält das Antidiskriminierungesgebot und erwähnt dabei die Merkmale Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen sowie Behinderung. Homo-Aktivisten fordern seit Jahren, dass auch "sexuelle Identität" aufgenommen wird. Dies ist das einzige Merkmal, das zwar im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz enthalten ist, nicht aber im Grundgesetz. Bislang scheiterten Initiativen allerdings am Widerstand von CDU/CSU und FDP (queer.de berichtete).


Die Polizei hatte nach dem Überfall in ihrem Bericht verschwiegen, dass es sich bei der "Gaststätte in der Leonhardstraße" um ein Schwulenlokal handelt. Auch dieses Verhalten war von den Grünen kritisiert worden, da "Gewalt gegen jedwede Minderheit auch benannt werden" müsse. Nur so könnte die Bevölkerung für die Thematik sensibilisiert werden.

Der "Goldene Heinrich" gilt als die älteste noch existierende Schwulenkneipe in Deutschland. Gemeinsam mit den nur wenigen Schritte entfernten Kneipen "Finkennest" und "Jakobstube" bildet das rustikal eingerichtete Lokal das schwule Bermudadreieck der Stuttgarter Altstadt. (pm/dk)