Für den 01. September wollten Neonazis der NPD und die Jungen Nationaldemokraten Brandenburg ein nationales Fußballturnier in Velten (Oberhavel) veranstalten. Das sog. „Antiimperialistische Fußballturnier“ fand Jahre zuvor in Oranienburg (2007), Potsdam (2009) und weiteren Städten statt und gilt als wichtige Vernetzungsveranstaltung. Nachdem Hinweise der Sicherheitsbehörden bei dem angefragten Verein, dessen Platz die Neonazis nutzen wollten, eingingen, lehnte dieser die Nutzung ab. Nun zeigt sich die NPD stinkig und meldete für den selbigen Tag eine Kundgebung für 18 Uhr am Veltener Bahnhof an. Wir stören gerne!
Velten ist ein Ort in dem seit den 1980er Jahren eine neonazistische Kontinuität bis ins Jahr 2012 reicht. Velten war in der ehemaligen DDR einer der Orte in Brandenburg, die bekannt waren für rechte Skinheads, die für Körperverletzungen und Sachbeschädigung – Straftat: Rowdytum – verantwortlich waren. 1987 fand hier einer der ersten dokumentierten Neonazistraftaten statt, bei der knapp 100 Neonazis eine Kneipe und eine Streife der Volkspolizei angriffen. Auch wenn die Staatssicherheit solch ein Vorgehen gerne verschwiegen hätte, war die Kameradschaft „Gesamtsturm Velten-Oranienburg“, die maßgeblich an dem Übergriff und weiteren Delikten mit neonazistischem Hintergrund beteiligt war, dem Ministerium schon länger bekannt.
Nach der Wende war es wieder Velten, welche sofort in Neonazistrukturen eingebunden war. Neben Städten wie Königs Wusterhausen, Oranienburg und Strausberg, gründete die 1985 und 1992 verbotene Partei „Nationalistische Front“ auch in Velten eine Zelle. Mitte der 1990er Jahre entstand das „Förderwerk Mitteldeutscher Jugend“ (FMJ), welches hauptsächlich im Altkreis Oranienburg aktiv war und ebenfalls in Velten eine Ortsgruppe unterhielt. 1992 organisierte die FMJ das einzige offizielle Konzert der Berliner Rechtsrockband „Landser“, welches in Hennigsdorf als eine Geburtstagsfeier getarnt wurde. Die FMJ wurde 1993 für einen Sprengstoffanschlag auf das Auto eines engagierten Sozialarbeiters verantwortlich gemacht. Im Juni 1993 löste sich die FMJ auf und es wurde organisatorisch ruhiger in Velten, doch die Neonazis blieben. Bundesweit wurde Velten bekannt infolge des Mordes an Gunther Marx am 06.08.1994. Er wurde von zwei Neonazis überfallen und mit einem Schraubenschlüssel erschlagen. Er ist wie auch weitere Ermordete in Oberhavel (Hans-Jochen Lommatsch, Oranienburg und eine namentlich unbekannte Person aus Gransee) von der Bundes- und Landesregierung nicht als Opfer rechter Gewalt anerkannt.
Heute gilt Velten als eine Art „No-Go-Area“ ohne eine feste Struktur nach außen zu haben. Allein die Stammwählerschaft von 4-5 % für die NPD (bei der letzten Wahl wurde Velten unrühmlich zweiter Platz aller NPD-Ergebnisse im Landkreis) ist hierfür ein Anzeichen. Mehrere junge Veltener sind Mitglieder bei den „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ (vorher „Freie Kräfte Velten“) oder bei den Jungen Nationaldemokraten. In den letzten Jahren war es zwar verhältnismäßig ruhig in Velten, doch gab es immer wieder Situationen, welche zeigten – die Neonaziszene ist Vital und Fit. Mitte der 2000er Jahre war es besonders die Person Christian Wanzek, welche für eine Organisierung der Neonaziszene sorgte. Sein Wegzug lies dort einiges zusammenbrechen. 2009 versuchten sich Neonazis an einem Hess-Flashmob und einige Wanzekfreunde tauchten auf, konnten die Aktion jedoch nicht durchführen.
Velten dient auch als Treffpunkt für Aufmärsche. So trafen sich fast 40 Neonazis bestehend aus NPD, JN und „Freie Kräfte“ am Bahnhof Velten um gemeinsam am 01.05.2012 nach Wittstock zu fahren.
Bundesweit kam Velten dieses Jahr ebenfalls, mal wieder, in die (Fach-)Presse, da eine Person eine Geburtstagsanzeige für den Kriegsverbrecher Erich Priebke im Oranienburger Generalanzeiger schaltete. Ob selbige Person hinter dem Versuch des „nationalen Fussballturniers“ und hinter der Anmeldung zur Kundgebung am Bhf. Velten steht ist unbekannt, jedoch naheliegend. Auch ob dies als Versuche der Re-Organisierung und eventuell Re-Aktivierung der Szene in Velten verstanden werden kann, kann angenommen werden.
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Eins ist sicher – Die Szene in Velten ist nicht unbeobachtet und wir werden jedem Versuch einer Organisierung und Aktivierung entgegenstehen.
Velten? Na wenn das kein Schuß in den Ofen wird.
Kommt zur Gegenkundgebung!
17:30 | Velten Bahnhof
Treffpunkt für Berliner_innen: 16:00 | Gesundbrunnen | Abfahrt 16:22 Richtung Hennigsdorf
weitere Informationen zu den Gegenaktivitäten auf Oberhavel Nazifrei
Nach der Kundgebung besteht die Möglichkeit geschlossen nach Neuruppin zu fahren um den 19.Geburtstag des linken Jugendwohnprojekts Mittendrin zu feiern.