Eine unterschätzte Gefahr auf dem Weg in die Mitte? (neurogewitter.de)
meb. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus sei gewonnen und diene lediglich noch als Selbsterhaltungsmythos einer angeblich krawallsüchtigen Antifa. Meinungsbilder wie diese zeigen: Rechtsextreme Tendenzen gelten schon lange nicht mehr als Gefahr für die Gesellschaft.
Während sich das Gros der kritischen Geister aber weiterhin mit den klassischen Nazis beschäftigt, Menschen am Rande der Gesellschaft, die nostalgisch-verklärt vom Vierten Reich träumen, als politische (dies soll in keiner Weise ihre Gefährlichkeit und ihre Straftaten relativieren) Kraft in der BRD jedoch nie wirklich bedeutsam waren, hat sich durch ein Hintertürchen eine neue Gefahr bis in die Mitte der Gesellschaft hineingeschlichen.
Die sogenannte „Neue Rechte“ schafft, was den klassischen Rechtsextremen nach 1945 verwehrt geblieben ist. Sie haben das alte Bild vom Bürgerschreck abgelegt, ihre Rhetorik ist sanft, aber bestimmt, rechtspopulistische Parteien in Europa sind wählbar für bürgerliche Schichten. Anders lassen sich die Wahlerfolge von Parteien wie FPÖ, der Partei für die Freiheit in Holland, den Wahren Finnen oder die hohen Umfrageergebnisse der Front Nationale nicht erklären. Sie sprechen eine breite Bevölkerungsschicht an, ihre Wähler rekrutieren sich nicht mehr nur aus dem bildungsfernen oder prekären Milieu.
An der Front Nationale lässt sich die Wandlung der Rechten besonders eindrucksvoll festmachen. War der Gründer, Jean-Marie Le Pen, noch ein Haudrauf, der mit seinem offenen Antisemitismus die Franzosen verschreckt hat, so hat seine Tochter Marine Le Pen, die neue Vorsitzende der FN, das Bild der Partei gehörig gewandelt. Sie hat sich des Antisemitismus still und heimlich entledigt und diesen durch ein neues Feindbild ersetzt: den Islam.
Eine bemerkenswerte Studie von Sabine Schiffer und Constantin Wagner (Antisemitismus und Islamophobie – Ein Vergleich[1]) hat die antiislamische Agitation in Deutschland schon 2009 umfassend untersucht und eindrucksvoll Parallelen im Muster der Argumente und Verschwörungstheorien der modernen Islamophobie mit dem Antisemitismus des 19. Jahrhunderts aufgezeigt.
Nicht zuletzt die neueste Studie „Deutsche Zustände“[2] um den Bielefelder Professor Wilhelm Heitmeyer zeigt, wie sehr die „Neue Rechte“ in Deutschland inzwischen in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen zu sein scheint. Veröffentlichungen im Print- und Onlinemedienbereich – auch bedingt durch das Fehlen einer Partei in der BRD – sind zu den hauptsächlichen Verbreitungsinstrumenten der „Neuen Rechten“ zu zählen.
Auf Thilo Sarrazins Buch, „Deutschland schafft sich ab“, das ganz ähnliche Argumentationsmuster aufweist und das die Akzeptanz dieser Art der Auseinandersetzung mit dem Thema der Überfremdung schon allein durch die Anzahl der verkauften Bücher und die Partei-zugehörigkeit Sarrazins (SPD) aufzeigt, kann hier nur verwiesen werden.
Ins Blickfeld der kritischen Beobachtung sollten Blogs wie sezession.de, jungefreiheit.de und blauenarzisse.de gerückt werden. In diesen Blogs und ihrem Umfeld wird daran gearbeitet, rechtes Gedankengut hoffähig zu machen.