Angestoßen von den kritischen Berichten über die Firma Wiesenhof, diese vertreibt u.a. Geflügelprodukte, bat ich im Mai 2011 das Landesverwaltungsamt (LVWA, vgl. landesverwaltungsamt.sachsen-anhalt.de) um Informationen über Verstöße besagter Firma gegen das Lebensmittelrecht. Über die, freundlich formuliert, forsche Art der anwaltlichen Vertreter besagter Firma, sich gegen meinen Antrag zur Wehr zu setzen, berichtete ich an anderer Stelle schon mehrfach (Indymedia1 und Indymedia2). Heute soll es um Unterlagen gehen, die das LVWA in einem Rechtsstreit dem Verwaltungsgericht Halle vorlegte.
Der Rechtsstreit
Das LVWA hatte mir das Recht eingeräumt, mich über die lebensmittelrechtlichen Verstöße Wiesenhofs zu informieren. Der tatsächliche Informationszugang (auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes) erfolgt jedoch erst, wenn der Bescheid rechtskräftig geworden ist.
Da die Firma Wiesenhof den Bescheid angefochten hat, ist zur Zeit beim VG Halle (http://www.justiz.sachsen-anhalt.de/vg-hal )ein Verfahren anhängig (Az. 1 A 242/11 HAL), in welchem Wiesenhof versucht den Bescheid des LVWA aufheben zu lassen.
Unterlagen des LVWA
Mit Klageerwiderung vom 21.02.2012 legte die Behörde mehrere Beweismittel vor, von welchen hier nun die Rede sein soll.
1.) Zulassungsbescheid vom 26.08.2010
Mit diesem Bescheid wurde 2010 dem Betrieb „Wiesenhof Geflügel Möckern GmbH“ die Zulassung erteilt für das Schlachten von Geflügel, das Zerlegen von Geflügelfleisch, sowie das Verarbeiten desselben. Die Zulassung wurde jedoch mit einem 8 Punkte umfassenden Katalog von Nebenbestimmungen versehen. Unter Androhung von Zwangsgeldfestsetzung in Höhe von 50.000 Euro wurde dem Betreiber auferlegt, Sorge zu tragen, dass während des „Ausnehmens der Tiere (…keine…) Magen- oder Darmflüssigkeit ausläuft“.
Selbst scheinbare Selbstverständlichkeiten, wie „die Bodenbeläge sind sauber und instand zu halten“ wurden, im Falle eines jeden Verstoßes, mit der Zwangsgeldandrohung von 10.000 Euro belegt. 50.000 Euro Zwangsgeld drohen, sollte das „gewonnene, frische Fleisch (nicht) so schnell wie möglich auf eine Temperatur von maximal +4 Grad Celsius“ abgekühlt werden.
Angefügt war dem Zulassungsbescheid ein „Protokoll“ einer Kontrolle des Betriebs in Möckern vom 11.08.2010, wonach in 14 Bereichen „Feststellungen“ getroffen worden seien, angefangen bei „Rost an verschiedenen Trägerkonstruktionen“, „Wandschäden“, „verrostete Radaufhängung an Aluminiumwagen“, verschmutzten Fußböden, schadhaftem Wandanstrich, und so weiter.
2.) Schreiben des Landratsamtes Lichtenfeld vom 17.11.2011
Das Landratsamt übermittelte einer anderen Behörde ein Gutachten über eine vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersuchte Probe eines Wiesenhof-Produktes, und zwar eines „Deutschen Hähnchens Handelsklasse A“. In der Probe wurden Campylobacter nachgewiesen, welche, so das Gutachten, S. 2, „nach einer Inkubationszeit von 2 bis 5 Tagen akute Erkrankungsfälle mit z.T. blutigem Durchfall, Fieber, Bauchscherzen, Erbrechen sowie Kopf- und Muskelschmerzen verursachen“. Folglich stufte die Untersuchungsbehörde die Probe „im vorliegenden rohen Zustand als gesundheitsschädlich“ ein, merkte jedoch einschränkend an, dass wenn man das Hähnchen durcherhitze, dies zur „sicheren Abtötung dieser Keime“ führe, weshalb ein „Verkehrsverbot nicht notwendig“ sei.
Des weiteren wurden in der Probe E-Coli-Bakterien nachgewiesen, dies in einer Höhe, die über einem Richtwert liege und deshalb zu „Maßnahmen zur Verbesserung der Hygienesituation“ in dem verarbeitenden Betrieb Anlass gebe.
3.) Verfügung vom 02.08.2011 des LVWA Halle
Durchaus spektakulär kann die Verfügung vom 02.08.2011 genannt werden, wurde doch dort der Firma Wiesenhof Geflügel Möckern GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die oben erwähnte Zulassung vom 26.08.2010 auf das Inverkehrbringen von Geflügelfleisch in tiefgefrorenem Zustand „beschränkt“ und ferner die Auflage gemacht, dass die Schlachtkörper, die „zu Tiefkühlfleisch verarbeitet werden sollen, nach dem Austritt aus der Sprühkühlung innerhalb von 30 Minuten verpackt werden.“ Schlachtkörper, die „nicht nach 30 Minuten verpackt sind, gelten als verworfen“.
All das garnierte das LVWA mit der Androhung von Zwangsgeld von je 100.000 Euro, sollte die Firma den Punkten „nicht nachkommen“.
Der Begründung dieser Verfügung konnte entnommen werden, dass wegen der Nichteinhaltung der weiter oben erwähnten Auflage der Abkühlung auf höchstens +4 Grad Celsius das Unternehmen schon 50.000 Euro Zwangsgeld zahlen musste, und erst nachdem „die Oberfinanzdirektion Magdeburg zur Beitreibung des Zwangsgeldes ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren eingeleitet hat“, das Zwangsgeld gezahlt wurde. Soweit Wiesenhof Geflügel Möckern GmbH auch die Produktionsrichtung „Bratfertig“ betreibe, sei dies wegen der „Gefahr einer Vermehrung auch pathogener Keime“ nicht mehr zuzulassen.
Ob das Unternehmen diese Verfügung angefochten hat, ist mir nicht bekannt.
Vorfall am 29.02.2012
Bekanntermaßen sitze ich in Haft. In den Vormittagsstunden des 29.02.2012 suchte mich der Vollzugsbeamte G. in der Zelle auf. Er unterrichtete mich, dass jemand der Kanzlei Berding und Partner (http://www.berding-partner.de) angerufen und mitgeteilt habe, mir seien wohl versehentlich seitens des Verwaltungsgerichts Halle Unterlagen zugestellt worden, die nicht für meine Augen bestimmt gewesen seien. Da ich nicht unter Vormundschaft der Haftanstalt stehe, bestand ich darauf, dass der Kanzlei keinerlei Auskünfte erteilt werden dürften.
Sollte tatsächlich ein Vertreter der Anwaltskanzlei, von dieser war eingangs die Rede, denn die vertritt Wiesenhof, in der Anstalt angerufen haben, wäre dies gelinde gesagt eine recht eigenwillige Vorgehensweise. Hatte mir doch das Verwaltungsgericht, wie es meinem Recht als Beteiligter des Verfahrens entspricht, die Klageerwiderung des LVWA, nebst der vom LVWA dem Schriftsatz angefügten und in Bezug genommenen Anlagen übermittelt.
Freilich mag es für Wiesenhof Geflügel Möckern GmbH nicht gerade das Ansehen steigern, wenn bekannt wird, wie eine Probe ihres Produkts durch ein amtliches Institut bewertet worden ist, wobei damit, dies der Vollständigkeit halber, noch nichts ausgesagt ist über die übrigen Produkte der Firma. Auch die Einschränkung der Zulassung des Betriebs ist wohl nichts, was ein Unternehmen gerne von sich aus der Öffentlichkeit mitteilt, zumal wenn, wie hier, die Firma im Fokus der kritischen Öffentlichkeit steht und schon Gegenstand einer ARD-Dokumentation war.
Ausblick
Nun bleibt abzuwarten, wie der Rechtsstreit vor dem VG weitergeht und ob Wiesenhof den Klageerwiderungs-Schriftsatz des LVWA, in welchem das LVWA dem Unternehmen gleich auf Seite 2 vorwirft: „bei dem Schlachtbetrieb der Klägerin“ handelt es sich „um einen Betrieb, der häufigen Beanstandungen nicht nur durch nationale Behörden, sondern auch durch Behörden der EU, unterliegt“, zum Anlass weiterer rechtlicher Schritte gegen das Amt und auch das Land Sachsen-Anhalt nehmen wird.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA-Z. 3113
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