Häuserkämpfer drohen Anwohnern

Erstveröffentlicht: 
31.01.2012

Von Andreas Kopietz

Friedrichshain nach Krawallen Berlin – Sie greifen nicht nur Polizisten an, sondern attackieren jetzt auch die Nachbarn: „Liebig 14“-Sympathisanten wollen den Kiez für sich allein. In einem Online-Pamphlet raten sie all jenen, die die Polizei rufen, „schnell den Wohnort zu wechseln“.

 

Linksautonome und Sympathisanten der Hausbesetzerszene haben ein Pamphlet ins Internet gestellt, in dem all jene Menschen bedroht werden, die sich gegen die Randalierer stellen, die fast jede Nacht den Kiez nördlich der Frankfurter Allee in Friedrichshain unsicher machen.

 

Kurz vor dem ersten Jahrestag der Räumung des „alternativen Wohnprojektes“ in der Liebigstraße 14 hatte es am Wochenende erst in Neukölln und dann in Friedrichshain schwere Krawalle gegeben, bei denen mehr als 70 Randalierer festgenommen und 48 Polizisten verletzt wurden.

Auch Touristen werden gehasst

Nach der Räumung des Hauses durch die Polizei am 2. Februar 2011 hatte der Eigentümer mit der Sanierung und Neuvermietung begonnen. Doch immer wieder wurden Autos der Baufirmen angezündet, Baustelleneinrichtungen demoliert und neue Fenster eingeworfen.

 

Die ersten neuen Mieter sind ein- und wieder ausgezogen. Sie ertrugen den Terror der Häuserkämpfer nicht, die sich nach eigener Darstellung dem Kampf gegen die Gentrifizierung (Verdrängung durch teure Mieten oder Eigentumswohnungen) verschrieben haben. Und so heißt es in dem jetzt aufgetauchten Pamphlet, das mit „AntiYuppieFront“ unterzeichnet ist, über die neuen Mieter (Schreibfehler im Original):

 

„Einige wollten es doch Wagen sich auf das Spiel einzulassen. Und so verloren auch einige Mieter_Innen schnell ihre Wagen, Roller, Scheiben, Dachziegel, das Dach im Allgemeinen, aber sie bekamen auch Geschenke und Besuche, in Form von Müll, Kot, Metal- und Glas Projektilen, Ziegelsteinen, Pflastersteinen, Feuerwehreinsätzen, Wasserschäden, Statikproblemen, Feuerwerkskörpern, Bullen, Hausdurchsuchungen, Jugendamtsbesuchen, der Drogenfahndung, Inkassobüros.“

 

In ihrem Schreiben raten die selbst ernannten Kiez-Wächter all jenen, die die Polizei rufen, „schnell den Wohnort zu wechseln“. Und: „Wer in Ermittlungsakten bei Prozessen auftaucht, kann ebenfalls den Umzugswagen rufen!“

 

Zum Feindbild der „Liebig-14“-Sympathisanten gehören auch die Touristen: „Sie kommen im dreitages Rhythmus mit Rollkoffern und nerven die ganze Nachbarschaft.“ Und die Anti-Yuppie-Guerilla droht ihnen: „Wundert euch nicht wenn ihr eure Mietkarre verliert, euch euer iphone4 aus der Hand fällt oder ihr euer Gepäck vermisst.“ Und schließlich gibt es den Tipp an alle Hinzugezogenen, „dass es nicht unbedingt schlau ist sich als Zugezogener in einen über 20 Jahre alten Kampf einzumischen“. Solche Sätze kommen von "Liebig-14-Fans", von denen die meisten selbst gerade 20 Jahre alt und aus Westdeutschland zugezogen sind.

 

„Unglaubliche Aggressivität“

 

Unterdessen fahndet die Polizei mit Hochdruck nach jenem Täter, der bei den Krawallen in der Nacht zum Sonnabend in Friedrichshain versuchte, einem Beamten eine Eisenstange ins Gesicht zu schlagen. Ein Beamter, der dabei war, berichtete am Montag von der „unglaublichen Aggressivität und Gewaltbereitschaft“, mit der die Randalierer ihm entgegengetreten sind. Polizisten wurden mit Böllern, Stangen und Laserpointern angegriffen. Darunter waren, wie berichtet, auch Beamte, die nicht durch Helm, Weste und Schienen geschützt waren – etwa Verkehrspolizisten und ein Beamter, der die Verbindung zu einer Demo-Anmelderin hielt.

 

„Es ging darum, die Beamten schwer zu verletzen“, sagte Klaus Eisenreich, von der Gewerkschaft der Polizei. „Wenn diese Leute ein politisches Ziel haben, dann sollten sie mal schauen, ob sie Kriminelle in den eigenen Reihen haben, die diese Ziele konterkarieren. In den Uniformen stecken nämlich Menschen. Männer und Frauen, die Familie haben.“