Dresdner Ermittler nutzen immer noch Handydaten von Gegnern des Naziaufmarsches im Februar. Der Datenschutzbeauftragte ist wütend.
BERLIN taz | Die Dresdner Polizei macht unbeirrt weiter: Trotz scharfer Kritik von Datenschützern sammelt das LKA Sachsen weiterhin Handydaten von Gegendemonstranten der Dresdner Nazidemo im Februar.
Bereits im Juni hatte die taz enthüllt, dass bei Funkzellenabfragen rund eine Million Verbindungsdaten von etwa 330.000 Menschen erfasst wurden. Doch die Datensammelwut der Behörden ging weiter: Im Juli wurde bekannt, dass in über 40.000 Fällen auch die Bestandsdaten erfasst wurden, also Name und Anschrift. Zunächst sprach Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) von lediglich 406 solcher Fälle.
Der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig verurteilte diese Polizeimaßnahme wegen mehrerer Verstöße gegen geltende Gesetze. Er forderte neben einer Benachrichtigung der Betroffenen eine "unverzügliche Reduzierung des gespeicherten Datenbestands" sowie eine "Sperrung des Rohmaterials".
Der Skandal wird "immer größer"
Das haben die sächsischen Ermittler offensichtlich nicht besonders ernst genommen, denn sie sammeln munter weiter. Dies ergab eine kleine Anfrage des Abgeordneten Johannes Lichdi (Grüne) im sächsischen Landtag von Ende November.
Die Antwort von Ulbig auf die Anfrage ergab, dass seit Juli rund 14.000 weitere Bestandsdaten und 27.000 zusätzliche Verbindungsdaten erfasst wurden. Ob die Daten aus dem bestehenden Rohmaterial kommen oder neu abgefragt wurden ist unklar. "Das LKA hat nichts dazugelernt. Den Verantwortlichen ist wohl nicht klar, dass eine materielle Rechtswidrigkeit fortbesteht", so Schurigs Sprecher Andreas Schneider.
Lichdi mahnt, dass der Skandal dadurch "immer größer" werde: "Offensichtlich hat das LKA dafür noch genug Zeit, anstatt sich um das Unterstützerumfeld der Zwickauer Terrorzelle zu kümmern." Für ihn handele es sich um eine "faktische Rasterfahndung". So würden Daten "sämtlicher Personen, auch friedlicher Demonstranten", erfasst. Weder das LKA Sachsen noch die Dresdner Staatsanwaltschaft äußerten sich auf Anfrage der taz zu den Vorwürfen. Die Datenschützer wollen in Zukunft "die Datenverarbeitung des LKA verstärkt unter die Lupe nehmen".