In unregelmäßiger Regelmäßigkeit wird über Für und Wider eines Angriffs auf Iran spekuliert. Das israelische Militär probt den Ernstfall.
JERUSALEM taz | Über Monate publizierten die israelischen Medien keine Zeile zum Thema Iran, plötzlich scheint ein Krieg wieder ganz nah. Im Großraum Tel Aviv gingen am Donnerstag früh die Sirenen los, die einen Raketenangriff simulieren sollten.
Israels Luftwaffe trainierte am Himmel über Sardinien das Tanken in der Luft sowie die Navigation in fremden Gefilden. Und an der Küste vor einem Kibbuz wurde eine ballistische Rakete zur Probe abgeschossen. Im Kabinett ringt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu um eine Mehrheit für einen Präventivschlag gegen die potenzielle Atommacht Iran. Einer gestern von Haaretz veröffentlichten Umfrage zufolge hätte Netanjahu dafür eine knappe Mehrheit.
In Jerusalem streiten die Politiker in diesen Tagen weniger über das Für und Wider eines Angriffs als darüber, wer an die Presse durchsickern ließ, dass es überhaupt dazu kommen könnte. Dabei steht die Möglichkeit seit Jahren im Raum. Schon Exregierungschef Ehud Olmert hatte Teheran vor einer Fortsetzung des Atomprogramms gewarnt.
Die kriegerischen Signale, so vermutet Amos Harel von Haaretz, gelten "nicht dem heimischen Publikum, sondern Wien und New York, London und Washington". Harel bringt den Medienrummel mit dem Bericht der Internationalen Atomenergieorganisation über das iranische Atomforschungsprogramm in Verbindung, der in der kommenden Woche veröffentlicht werden soll.
Oppositionsführerin Zipi Livni appellierte zum Auftakt der parlamentarischen Wintersaison an die Minister, der Führung der Sicherheitsdienste zuzuhören. Während Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak für einen Angriff stehen, treten Armee- und Mossadchefs vorläufig auf die Bremse. Selbst der für seine harte Hand berüchtigte Ex-Mossad-Chef Meir Dagan nannte den möglichen Präventivschlag eine "dumme Idee".
Laut Berichten des Londoner Guardian bereiten sich auch britische Truppen auf einen Angriff auf iranische Atomanlagen vor. Die Zeitung berichtet, dass es "Teheran bis Ende 2012" gelingen könnte, die Anlagen in Bunker zu verstecken, was "US-Präsident Obama dazu zwingen könnte, noch vor den Wahlen über einen Militärschlag zu entscheiden".
Israels offizielle Position war stets, zunächst den Sanktionen eine Chance zu geben. Der Mossad steht vermutlich hinter dem Computerwurm Stuxnet, der Ende letzten Jahres große Teile einer iranischen Atomanlage lahmlegte. In den vergangenen Jahren sind zudem mehrere iranische Atomforscher ums Leben gebracht worden.