Anfang Juni tagt in Wien das World Economic Forum - Die Polizei hat bereits eine Gefängnis-Etage reserviert
Wien - Dem befürchteten Trubel beim World Economic Forum (WEF), das in zwei Wochen in der Wiener Hofburg tagen wird, geht im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände betonte Ruhe voraus. "Der gesamte zweite Stock wurde geräumt. Für den Fall, dass es beim WEF zu Festnahmen kommt, stehen somit 80 Haftplätze zur Verfügung" , schildert Manfred Reinthaler von der Wiener Polizei.
Die Zellen würden auch schon für allfällige Hooliganfestnahmen beim Fußballländerspiel Österreich-Deutschland am 3. Juni in Wien zur Verfügung stehen: "Dieses Match gilt als Risikospiel" , sagt Reinthaler. Die freigemachten Haftkapazitäten sind gleich groß wie jene, die bei der EURO 2008 zur Verfügung standen. Damals jedoch blieben sie so gut wie leer: Die für möglich gehaltenen Ausschreitungen fanden nicht statt.
In Hinblick auf das WEF-Treffen gilt für Wiens Polizisten eine Urlaubssperre während des Kongresses am 8. und 9. Juni sowie in den Tagen davor und danach: Die Erfahrungen mit militanten Gegnern der Schweizer Stiftung, die alljährlich führende Wirtschaftswissenschaftler, Politiker und Globalisierungsvordenker zu Kongressen lädt, ließen diese Vorsicht berechtigt erscheinen, meint der Polizeisprecher. Erst vergangenen Jänner war es in Davos zu Ausschreitungen gekommen, die Polizei hatte Gummigeschosse gegen Demonstranten eingesetzt. Das Worst-Case-Szenario stammt aus dem Jahr 2001, als bei einem G-8-Gipfel in Genua ein Kundgebungsteilnehmer von der Polizei erschossen worden war.
Teure Sicherheitsmaßnahmen
Erfahrungen mit WEF-Kongressen hat man in Salzburg:2002 waren dort 3000 Polizisten im Einsatz, die Sicherheitsvorkehrungen kosteten sieben Millionen Euro. 79 Personen wurden damals angeklagt. Zwecks Vorbereitung der Sicherheitsmaßnahmen beim Wiener Treffen, das als "Regionalforum Europa und Zentralasien" des WEF angekündigt ist, hat im Innenministerium bereits eine Besprechung mit Vertretern des Bundes- und Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung stattgefunden.
Laut Reinthaler wurde die Einrichtung einer "Festnahmestraße" vereinbart, mit Schnellrichtern für Verwaltungsübertretungen. "Da wir derzeit noch nicht wissen, wer aller an Politikern nach Wien kommt, sind konkretere Planungen noch unmöglich" , meint er. Als sicher gelten großflächige Sperrzonen rund um die Hofburg.
Die Globalisierungskritiker haben im Internet einen verschlüsselten "Aktuellen Infofluss" für Proteste gegen das Wiener WEF-Treffen eingerichtet. Für den 7. Juni wird am Yppenplatz in Wien-Ottakring zu einer friedlichen "Auftakt-Demo" aufgerufen. (Irene Brickner, Michael Simoner, DER STANDARD Printausgabe, 26.5.2011)