Heilbronn und Polizei verteidigen Geheimhaltung

Erstveröffentlicht: 
04.04.2011

Heilbronn - Nach der überraschenden Kundgebung von rund 150 Neonazis am Samstag in Heilbronn gab es einige Stimmen, die die Informationspolitik von Stadt und Polizei kritisieren. Öffentlich war mit keinem Wort auf den beantragten Aufmarsch der Rechten hingewiesen worden.

 

„Enttäuscht und frustriert“ zeigte sich DGB-Regionssekretärin Silke Ortwein, die mit Blick auf die geplante Großdemo der Neonazis am 1. Mai in Heilbronn die Fäden des Bündnisses gegen Rechtsextremismus in Händen hält. Sie empfand das Geschehen am Samstag ein Stück weit als „Niederlage für die Demokratie“, weil die Menschen in Heilbronn nicht mit einer angemeldeten Gegendemonstration zeigen konnten, dass sie den Aufmarsch von Rechtsextremen „nicht wollen“.

Polizeisprecher Harald Schumacher bestätigt, dass es der Wunsch der Polizei war, den erst kurzfristig genehmigten Aufzug der Rechten nicht öffentlich zu machen. Wenn Massen von Gegendemonstranten vor Ort gewesen wären, „wären unsere Kräfte viel zu wenig gewesen, und mehr hätten wir nicht bekommen“. Der Sicherheitsaspekt „auch für die Heilbronner Bevölkerung hat überwogen“, sagte er.

Heilbronns Ordnungsbürgermeister Harry Mergel bat um Verständnis für die Vorgehensweise. Die Stadt hatte den Aufmarsch zunächst verboten. Man habe erst am Freitagnachmittag die Anordnung des Gerichts erhalten, dass die Kundgebung stattfinden dürfe. Und: Für die Stadt sei dieser Aufzug eindeutig eine Werbeveranstaltung für die Großdemo am 1. Mai gewesen. „Wir wollten diese nicht noch aufwerten“, erklärt er die strikte Informationssperre. Mit dem Ältestenrat des Gemeinderats sei das Vorgehen abgestimmt gewesen.

Marianne Kugler-Wendt, SPD-Stadträtin und Verdi-Regionalgeschäftsführerin, hat die Demo am Berliner Platz selbst verfolgt. Ihre Bewertung fällt zwiegespalten aus. Einerseits fand sie es „sehr klug“, dass die Polizei den Platz mit Metallgittern absperrte  und eine direkte Konfrontation von Rechten und linken Gegendemonstranten vermied. An der ein oder anderen Stelle fand sie den Einsatz aber überzogen. Vor allem am Ende, als Polizisten in voller Schutzmontur mit Drohgebärden oder Hunden auf Gegendemonstranten zugingen. „Das war mir eine Nummer zu krass“, sagte sie. Sie vermisst ein Konzept, wie man auf die linken Antifaschisten deeskalierend einwirken könne.

1.-Mai-Demo

Mergel ruft alle Beteiligten auf, alles zu tun, um die Situation mit Blick auf die 1.-Mai-Demo der Neonazis in Heilbronn zu deeskalieren. Hier werden etwa 1000 Neonazis und tausende Gegendemonstranten in Heilbronn erwartet. Die Heilbronner Polizei hat bereits angekündigt, aufgrund der Dimension der Teilnehmer mehr als 1200 Beamte in der Stadt aufzubieten. Es wird der größte Einsatz der Nachkriegsgeschichte.

Die Stadt Heilbronn hat auch gegen die 1.-Mai-Demo der Neonazis ein Verbot verhängt. Die Veranstalter haben im Internet bereits rechtliche Schritte dagegen angekündigt. Beim zuständigen Verwaltungsgericht in Stuttgart liegt bisher noch kein Eilantrag der Veranstalter vor, das Verbot aufzuheben. Darauf verwies eine Sprecherin des Gerichts auf Nachfrage der Stimme.

Im aktuellen Fall der Kundgebung am Samstag in Heilbronn lehnte das Gericht das Verbot der Stadt ab. In der Begründung hieß es: Hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit „sind nicht ersichtlich“.

Bad Rappenau: Grüne kritisieren OB-Verhalten

Die Demonstration am Samstag von Neonazis in der Kurstadt hat ein kommunalpolitisches Nachspiel. Grünen-Stadtrat Ulrich Schneider ist entsetzt, dass davon nur die Verwaltung gewusst hatte. Weder Stadträte noch die OB-Stellvertreter seien durch Oberbürgermeister Hans Heribert Blättgen informiert worden. "Ich finde so eine Haltung ganz schlimm", sagte er. Mit Mahnwächen hätte man die Demonstration verhindern können, glaubt er.

OB Blättgen verteidigt das Rathausvorgehen. Die Verwaltung habe demnach die Demonstration verboten. Erst ein Gerichtsbeschluss am Freitag habe den Zug erlaubt. Blättgen wollte über die Demonstration nicht groß informieren, damit die Gruppe "möglichst unter sich bleibt". Außerdem sei es von der Größenordnung her nicht so, dass er informieren soll.

 

04.04.2011