In der Johann-Sebastian-Bach-Straße 36 in Herdern hat eine Gruppe, die sich "Freiraumkampagne Plätze, Häuser, Alles" nennt, am Freitag ein leerstehendes Mietshaus besetzt. In dem Gebäude, in dem bereits Wasser und Strom abgestellt sind, befinden sich neun Wohnungen, die zusammen mit 86 weiteren in der Straße ab Herbst abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden sollen. Die 95 Wohnungen gehören der Freiburger Stadtbau. In der Vergangenheit lebten in den durchschnittlich 30 Quadratmeter großen Wohnungen "Kleinrentner" – ältere Menschen mit niedriger Rente, die von der Arbeiterwohlfahrt betreut wurden. Die AWO hatte den Generalmietvertrag 2009 mangels Nachfrage gekündigt, nun leben dort nur noch zwölf Mietparteien.
Die Hausbesetzer wollen erreichen, dass die Häuserzeilen auf beiden Seiten der Straße nicht abgerissen werden, da die Miete in den neuen Gebäuden wesentlich höher sein wird als in den alten, sanierungsbedürftigen Häusern aus den 50er Jahren. In der Stadt gebe es zu wenig günstigen Wohnraum, sagten die Besetzer gestern gegenüber der BZ. Unterstützung bekommen sie von den Unabhängigen Listen (UL), die Gemeinderatsfraktion steht dem Anliegen der Besetzer "mit viel Sympathie und Wohlwollen" gegenüber, wie es in einer Mitteilung der UL-Stadträte Hendrijk Guzzoni und Irene Vogel heißt. Die beiden sind Mitglieder des Aufsichtsrats der Stadtbau. In Freiburg gebe es weiterhin einen großen Bedarf an einfachen und billigen Häusern und Wohnungen, zudem gebe es in der Stadt einen großen Mangel an Wohnungen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Bei der Polizei war gestern noch keine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs eingegangen.