Nach fünftägigem Ausnahmezustand in und rund um Köln-Kalk scheint der nervenaufreibende Schwebezustand beendet zu sein. Der provisorische Nutzungsvertrag ist so gut wie unterschrieben, und vorerst bis zum 30.09.11 kann Köln von sich behaupten: „Kein Tag ohne Autonomes Zentrum!“.
Was war passiert? Die
Besetzung der leer stehenden, ehemaligen KHD-Kantine (im Besitz einer
Tochterfirma der Sparkasse) am 16. April 2010 diente damals als
notwendige Maßnahme, einen unkommerziellen und selbstverwalteten
Raum für Politik, Kunst und Kultur zu schaffen, wie es die
„Kampagne für ein Autonomes Zentrum“ (pyranha) forderte. Das AZ
beherbergte seitdem zahlreiche politische Veranstaltungen, etliche
Konzerte und Kunstausstellungen mit einer Anziehungskraft für
Zigtausende Besucher*innen aus der ganzen Region.
Während dieser ganzen
Zeit gab es aus dem AZ heraus den Versuch, über Verhandlungsanfragen
in Richtung Sparkasse und Stadt Köln den Status der Besetzung zu
verlassen. Immer wieder stießen die Aktivist*innen dabei auf taube
Ohren und sture Köpfe; das Haus sei schließlich „illegal
besetzt“. Bisher konnten die Verhandlungsversuche nie auf gleicher
Augenhöhe geführt werden.
Schon einmal gab es den Versuch,
durch polizeiliches Auffahren dieses Gebäude zu räumen. Doch damals
wie heute gelang es dem AZ, sämtliche Unterstützer*innen zu
mobilisieren. Am vergangenen Dienstag musste die Polizei die Räumung
verschieben, da sich Hunderte von Aktivist*innen in und am Haus
befanden. Diese waren nicht untätig, sie sorgten für eine
Infrastruktur und Barrikaden wurden errichtet, letztendlich konnte
eine Räumung am Dienstag verhindert werden.
Seit dem Mittwoch fuhr
die Polizei dann mit erhöhter Präsenz auf; Köln-Kalk wurde
polizeilich abgeriegelt. Schweres Gerät wurde aufgefahren und der
Zugang zum Haus wurde durch Absperrungen verhindert. Indes war ein
Spiel zwischen Sparkasse, Stadt und Polizei zu beobachten. Niemand
wollte so recht Verantwortung übernehmen und sich den schwarzen
Peter der gewaltsamen Räumung zuschieben lassen.
Vom Morgen des
Donnerstag an begann ein regelrechtes Psychospiel; die Besetzer*innen
wurden stündlich neuen Ultimaten der Polizei ausgesetzt, frei nach
dem Motto „Raus hier, sonst fangen wir in 'ner Stunde an“. Zur
gleichen Zeit fing die Sparkasse an Verhandlungen anzubieten, wenn
das Gebäude verlassen wird. Im Rahmen des martialischen Aufgebots an
schwerem Räumungsgerät und der unmittelbaren Vorbereitung der
Polizei spitze sich die Situation immer weiter zu. Als der erste
Räumungspanzer losfuhr, wurden die Besetzer*innen bei der Wahl
zwischen verprügelt werden und raus schleifen lassen oder auf
Verhandlungen einlassen – friss oder stirb eben – zum Verlassen
des Gebäudes „genötigt“.
Der Widerstand gegen
ein AZ in Köln ist schließlich eingeknickt. Die aufgenommenen
Verhandlungen liefen bisher zufrieden stellend und gewährleisten die
weitere Existenz des Autonomen Zentrums. Ob die öffentliche
Aufmerksamkeit und der Druck zu hoch wurde, ob dabei keiner der
Player die Verantwortung der Räumung übernehmen wollte oder ob
verschiedenste Akteure eine Radikalisierung der Szene in Köln und
NRW fürchteten (der potentielle Räumung des AZ Köln wurde mit
einer geplanten, offensiven Demo sowie zahlreichen Soli-Aktionen
geantwortet) – was genau der Grund für einen erfolgreichen
Nutzungsbeschluss war, ist nicht ganz klar – vermutlich eine
Mischung aus vielen Gründen.
So oder so – das AZ
bleibt. Und versprochen ist versprochen – Demo ist auf alle Fälle!
In einem Jubelzug von der Domplatte zum AZ Köln wollen wir unseren
Erfolg nach außen tragen. Dabei gönnen wir uns auch einen kleinen
Umweg am Kölner Rathaus vorbei, um OB Jürgen Roters zu versichern,
dass wir bis zum Herbst 2011 (Frist des Zwischennutzungsvertrages)
ganz bestimmt nicht befriedet sind. Wir wollen ihm vermitteln, dass
wir trotz oder gerade wegen der ganzen Sache nie und nimmer best
friends sind oder jemals werden.
Auch wenn der
Kapitalismus, in dem wir zu überleben gezwungen sind, noch nicht
überwunden ist, dass Köln nach diesem erfolgreichen Kampf
weiterhin das AZ erhalten bleibt, ist eine gebührende Demo und
Feier wert!
DEMONSTRATION „FÜR EIN AZ, ALLES MUSS MAN
SELBER MACHEN!“ Samstag 2. April, 18 Uhr, Domplatte (direkt beim
Hbf Köln)