Köln – 800 Polizisten standen bereit. Mit Polizeihunden, Schlagstöcken und Wasserwerfern. Sie sollten morgens um sieben Uhr die rund 60 autonomen Hausbesetzer vom Gelände der ehemaligen KHD-Kantine in der Wiersbergstraße holen. Doch dann wurde der Einsatz in Kalk zu einer Farce. Eigentlich hätten die Polizisten, die teils aus Bochum oder Wuppertal kamen, zu Hause bleiben können. Stundenlang standen sie im Regen, mussten sich die frechen Sprüche der Hausbesetzer anhören, während plötzlich Verhandlungen zwischen Eigentümerin Sparkasse, Autonomen und Polizei stattfanden. In die hatten sich auch die Grünen-Fraktionsspitzen Barbara Moritz und Jörg Frank sowie Linke-Fraktionschef Jörg Detjen eingeklinkt.
Ganz Kalk war abgeriegelt, um den Zulauf weiterer Chaoten zu verhindern.
Um 10.27 Uhr stimmen die Besetzer einem 5-Punkte Plan der Sparkasse teilweise zu. Sie weigern sich aber, das Gelände kurzfristig zu verlassen, damit die Polizei es kontrollieren kann – das sei „ein Trick“!
Um 11.52 Uhr rücken Wasserwerfer an. Die Polizei teilt mit: „Die Räumung hat begonnen.“ Um 12.22 Uhr heißt es: „Keine Räumung, Gespräche wieder aufgenommen.“ Anwohner sprechen von einem „Skandal“, Polizisten von einer Farce. 500 000 Euro kostete ihr Einsatz.
Um 16 Uhr treffen sich Sparkassen-Chef Artur Grzesiek (SPD), Autonome und Polizei im Pfarrbüro von Franz Meurer in Höhenberg, um den Kalker Frieden auszuhandeln.
„Die Autonomen erhalten einen Mietvertrag. Sie wollen dazu einen Verein gründen, werden Nebenkosten zahlen und eine Haftpflichtversicherung abschließen“, sagt Sparkassen-Sprecher Norbert Minwegen. Allerdings gelte der Vertrag nur bis zum 30. September, ab dann gehöre das Gelände der Stadt. Die Autonomen teilen indes mit, dass sich ihre Forderungen ab sofort gegen die Stadt richten.
Kalks Bürgermeister Markus Thiele (SPD) tobt: „Keiner hat Frau Moritz und Herrn Frank einen Verhandlungsauftrag erteilt! Ich bin nicht bereit, diesen faulen Kompromiss mitzutragen.“ Das Gelände sei für die Erweiterung des Kaiserin-Theophanu-Gymnasiums vorgesehen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Autonomen da jetzt dauerhaft breit machen können. Die Besetzung ist und bleibt illegal.“
Kalk hat Gewinner und Verlierer. Gewinner: Die Autonomen, die ihre Bleiberecht auf dem Kalker Gelände durchgesetzt haben.
Auch
Polizeipräsident Klaus Steffenhagen darf zufrieden sein. Kein Tropfen
Blut floss, alle seine Polizisten sind gesund. Sein Ziel, den Konflikt
ohne Gewalt zu lösen, um Schaden von Köln abzuwenden, wurde erreicht.
Verlierer:
Die Bosse der Sparkasse. Ein Jahr hatten sie Zeit für Verhandlungen,
doch sie weigerten sich bis Mittwoch, mit den Hausbesetzern zu sprechen.
Und auch OB Jürgen Roters agierte äußerst unglücklich. Er sei nicht zuständig für den Konflikt, ließ er verkünden. Doch nun muss er zur Kenntnis nehmen, dass autonome Gesetzesbrecher in seiner Stadt triumphieren.