Bundesverfassungsgericht Sitzblockaden sind nicht immer "verwerflich"

Erstveröffentlicht: 
30.03.2011

Das entschied das höchste deutsche Gericht in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (AZ: 1 BvR 388/05). Die Verfassungshüter hoben damit die Verurteilung eines Mannes auf, der sich im März 2004 mit weiteren etwa 40 Demonstranten auf der Straße niedergelassen hatte, die zu dem US-Luftwaffenstützpunkt Rhein Main Military Air Base bei Frankfurt am Main führt, um gegen den drohenden Irak-Krieg zu protestieren.

Die Frankfurter Richter hatten die Blockade von mehreren Armeefahrzeugen als „verwerflich“ bezeichnet, weil sie „Aufmerksamkeit“ erregen sollte, und den Mann zu einer Geldstrafe von 450 Euro verurteilt.

 

Karlsruhe kehrte diese Argumentation nun um: Erst durch die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit für politische Belange werde eine Sitzblockade zu einer schützenswerten Versammlung. Teilnehmer an einer Sitzblockade dürfen deshalb nicht von vornherein wegen Nötigung verurteilt werden. Dies ist den Verfassungshütern zufolge erst zulässig, wenn die von der Blockade ausgehende Gewalt mit Blick auf ihre Ziele unverhältnismäßig groß wird. Die Frankfurter Richter hätten deshalb die äußeren Umstände der Sitzblockade beachten müssen, etwa dass die kurze Aktion angemeldet war und der blockierte Transport auf andere Straßen hätte ausweichen können.

 

Auch sei das Argument nicht haltbar, wonach die von der Aktion betroffenen US-Staatsbürger und Soldaten die Irakpolitik ihres Landes gar nicht hätten beeinflussen können. Demonstranten dürften nicht nur auf das nähere Umfeld von Entscheidungsträgern verwiesen werden, sondern selbst über den Ort ihrer Versammlung entscheiden. (afp/rtr)