Wie die Polizei die Tierschützer „gefährlich“ machte

Bild: (c) Clemens Fabry
Erstveröffentlicht: 
21.01.2011

Im Tierschützer-Verfahren wächst der Druck auf Polizei und Justiz: Die Grünen kündigten am Freitag an, die ehemalige Leitung der polizeilichen Sonderkommission und möglicherweise auch den Staatsanwalt anzuzeigen.

 

Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation – dieser pauschale Vorwurf („Mafia-Paragraf“) wird 13 Tierschützern gemacht. Die schon seit 2.März 2010 in Wiener Neustadt laufende Verhandlung wird am Montag mit der Einvernahme der verdeckten Ermittlerin „Danielle Durand“ fortgesetzt. Und könnte nun eine Wende nehmen: Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser wird wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs eine Anzeige (Sachverhaltsdarstellung) gegen die Spitze der ehemaligen – personell üppig ausgestatteten – Polizeisonderkommission einbringen.

 

Auch prüfe er eine Anzeige gegen Staatsanwalt Wolfgang Handler, teilte Steinhauser am Freitag vor Journalisten mit. Zusätzlich machen sich die Grünen für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss stark, der nach dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens kommen soll. Steinhauser: „Dabei habe ich mit Hannes Jarolim (Justizsprecher der SPÖ, Anm.) einen Verbündeten.“ Hintergrund dieser Maßnahmen ist die Frage, ob das gesamte Verfahren „politisch motiviert“ sei, wie dies am Freitag auch der Hauptangeklagte Martin Balluch – vom Verein gegen Tierfabriken – und Stefan Traxler, einer der Verteidiger der 13 Beschuldigten (Traxler vertritt vier Verdächtige), unterstrichen.

 

Verhindern von Anti-Pelz-Demos

Tatsächlich finden sich in polizeiinternen Papieren Hinweise, wonach nicht nur nach streng objektiven Kriterien vorgegangen worden ist. Bereits am 17.November 2006 gab es ein erstes Treffen zwischen dem Geschäftsführer der Textilhandelskette „Kleider Bauer“, Peter Graf, und der Polizei. „Besprechungsgegenstand waren die ,Dauerdemos‘ vor den ,Kleider Bauer‘-Filialen“, heißt es in einem Aktenvermerk der Bundespolizeidirektion Wien. Offenkundiger Tenor der Besprechung: Die Polizei solle der Handelskette, die auf den Verkauf von Pelzen nicht verzichten wolle, die Demonstranten gleichsam vom Hals schaffen.

 

Als es in der Nacht auf den 4.April 2007 auch Sachbeschädigungen in „Kleider-Bauer“-Filialen gab, riet die Polizei der Firma zu einer „Medienaktion“ – „z.B. in Form der Zurschaustellung ihrer beschädigten Fahrzeuge“. Weiter hieß es in einem „Behördenauftrag“: „Mögliche Örtlichkeiten“ dieser Aktion könnten sein: „das nahe Umfeld des BMI (Innenministeriums, Anm.) bzw. das nahe Umfeld des Bundeskanzleramtes.“

 

Gleich am 5.April, einen Tag nach diesen polizeilichen Ratschlägen, gab es ein Gipfeltreffen zwischen der „Kleider-Bauer“-Spitze und jener der Polizei: Unter der Leitung des Generaldirektors für öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, beschloss man eine Soko zu errichten. Buxbaum ordnete laut einem ebenfalls der „Presse“ vorliegenden „Resumeeprotokoll“ an: „Ausschöpfen sämtlicher administrativer Möglichkeiten im Hinblick auf die Untersagung der Demonstrationen.“

 

Allein, die Anti-Pelz-Demos hörten nicht auf. In einem Verschlussakt vom 23.1.2008 heißt es daher zornig: „Bei jeder angemeldeten Demo egal unter welchem Motto muss im gesamten Bundesgebiet ausnahmslos“ der Verfassungsschutz vor Ort sein, zusätzlich müssten mindestens zwei uniformierte Beamte der Alarmabteilung, „am besten mit einem Dienstfahrzeug ausgestattet (...) positioniert sein“. So würden „die militanten Tierschützer auch in der Öffentlichkeit in das Licht der ,außergewöhnlichen gefährlichen Demonstranten‘ gerückt (...)“.

 

Entspricht all das objektiver Polizeiarbeit? Werden nun Anzeigen eingebracht, muss ein Staatsanwalt diese Frage prüfen.

 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2011)