EU und Indien schließen eines der bislang größten Handelsabkommen

Erstveröffentlicht: 
11.12.2010

Die EU und Indien kündigen die Unterzeichnung eines Freihandelsvertrags für das Frühjahr 2011 an

Auf dem Gipfeltreffen zwischen EU und Indien in Brüssel stand neben der Terrorismusbekämpfung vor allen Dingen das seit 2007 geplante Freihandelsabkommen auf der Agenda. Ministerpräsident Manmohan Singh, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso demonstrierten Entschlossenheit und ließen verlauten, dass bereits im Frühjahr 2011 ein bilaterales Handelsabkommen unterzeichnet werden soll.

 

Die wirtschaftliche Dimension dieses Abkommen ist für Europa wie für Indien einzigartig! Beide Seiten hoffen das gemeinsame Handelsvolumen von etwa 70 Milliarden auf über 100 Milliarden Euro im Jahr anheben zu können. Dies soll durch einen massiven Abbau von Importzöllen erreicht werden.

 

Van Rompuy sprach von dem größten Handelsabkommen in der Geschichte der EU und einer der größten bilateralen Abkommen überhaupt, welches mehr als 1,5 Milliarden Menschen betreffen wird. Die Verhandlungen waren in den letzten Jahren nicht voran gekommen, da die EU besondere Regelungen für den gemeinsamen Klimaschutz, die Bekämpfung von Kinderarbeit und den Patentschutz von Arzneimittel in den Vertrag mit aufnehmen wollte. In allen Punkten scheint die EU nun nachzugeben. Von konkreten Forderungen war auf dem Gipfel nichts mehr zu hören. Eine Vereinbarung über die Halbierung des CO2-Ausstoßes bis 2050, wie sie Sarkozy noch 2008 in Marseille forderte, scheint auf bilateraler Ebene kein Thema mehr zu sein.

 

Das Problem der Kinderarbeit und fehlende Sozialstandards auf dem indischen Arbeitsmarkt wurden mit keiner Zeile in der gemeinsamen Erklärung zu den Gipfelergebnissen erwähnt. Indiens Handelsminister Anand Sharma machte auf dem Gipfel noch einmal klar, dass man nicht bereit sei, über Umwelt- und Sozialstandards überhaupt zu verhandeln.

 

Auch die gesetzlichen Bedingungen für die Generika-Produktion in Indien - Medikamente, die Kopien von patentierten Wirkstoffen enthalten - scheint die EU bereit aus dem Verhandlungsrahmen des Handelsabkommens weitgehend streichen zu wollen. Aus Kreisen der EU war zu hören, dass das Freihandelsabkommen, die Bedingungen der Generika-Produktion nicht beeinträchtigen soll. Dies lässt die von Aids betroffenen Menschen und ihrer Unterstützter in der ganzen Welt hoffen.

 

Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Peoples Health Movement India befürchten, dass eine gesetzliche Verschärfung der geistigen Eigentumsrechte im Pharmaziebereich in Indien den kostengünstigen und schnellen Zugang zu Aids-Medikamenten weltweit beeinträchtigen könnte. 80 Prozent der Medikamente, die mit internationalen Geldern finanziert und mit denen gerade Bedürftigen weltweit versorgt werden, stammen aus Indien.

 

Julius Jasso

11.12.2010