Stadt verzichtet auf ein Verbot

Erstveröffentlicht: 
20.10.2010

Neonazi-Demo in Offenburg


Stadt verzichtet auf ein Verbot

 

Heinz Siebold, veröffentlicht am 20.10.2010


Offenburg - Offenburg richtet sich auf den Widerstand gegen eine rechtsextreme Demonstration am kommenden Samstag ein. Alle demokratischen Parteien, die gesamte Stadtspitze um OB Edith Schreiner (CDU), der Landrat des Ortenaukreises, die Bundestagsabgeordneten Peter Weiß (CDU), Elvira Drobinski-Weiß (SPD) und Alexander Bonde (Grüne) sowie der CDU-Landtagsabgeordnete Volker Schebesta, der Deutsche Gewerkschaftsbund und diverse antifaschistische Gruppen haben sich gegen die von zwei Personen, eine ist NPD-Mitglied, angemeldete Demonstration ausgesprochen. Sie soll unter dem Motto laufen: "Nachträgliche Sicherheitsverwahrung ist legitim - keine Freiheit für Schwerststraftäter". Zeitweise stand der Aufruf auf der NPD-Homepage.

Es ist ein vielfach erprobtes Spiel, das in Offenburg inszeniert wird: Rechtsextremisten nehmen ein brisantes Thema als Vorwand, um unter dem Mantel der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit öffentlich auftreten zu können. Die Stadt Offenburg hat, aus der begründeten Furcht vor Gericht zu scheitern, auf ein Verbot der Demonstration verzichtet und lediglich angekündigt, einschränkende Auflagen zu erlassen. Die Stadt will zum Beispiel Springerstiefel und Bomberjacken verbieten. Doch selbst das wird vermutlich ins Leere laufen, denn Neonazis haben sich mittlerweile taktisch neu eingekleidet und tauchen meist in harmlosem Zivil auf.

"Nazis in Offenburg verhindern!"

Was bleibt, ist, den Platz für rechtsextreme Propaganda vor Ort einzuschränken. Ein Aktionsbündnis aller Demokraten organisiert am Samstag um 12 Uhr - drei Stunden vor dem rechten Aufmarsch - eine Gegendemo unter dem Motto "Nazis in Offenburg verhindern!" Bei der Kundgebung sprechen werden unter anderem die 90-jährige Dorothea Siegler-Wiegand, die die Deportation der Offenburger Juden am 22. Oktober 1940 als Augenzeugin miterlebt hat, und der DGB-Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf. Musik machen der elsässische Liedermacher Roger Siffer und andere Künstler. Die Organisatoren erwarten mindestens 1000 Demonstranten. Im Hinterkopf haben sie vermutlich die Hoffnung, dass es wieder so kommen könnte wie 2002 in Freiburg, als ein Häuflein von Neonazis von 15.000 Gegendemonstranten bereits am Bahnhof aufgehalten wurde.

Es könnte aber auch sein, dass die Demonstranten in Offenburg gar keinen Neonazi stoppen können, weil keiner kommt. Denn es gibt die begründete Vermutung, dass die Anmeldung einer Demonstration in Offenburg ein gezieltes Ablenkungsmanöver von Rechtsaußen ist: Exakt für den selben Samstag ist nämlich seit längerer Zeit schon eine Demonstration der autonomen Antifa-Gruppen der Region gegen das Neonazizentrum Rössle in Rheinhausen-Söllingen bei Rastatt geplant und angemeldet. Die Demonstrationen in Offenburg und in Rastatt finden zur gleichen Zeit um die Mittagszeit statt.