Videoüberwachung: VAG verstößt gegen den Datenschutz

In der Leitstelle der Verkehrs-AG ist auf den Monitoren derzeit mehr zu sehen als erlaubt – meint jedenfalls die Datenschutzbehörde des Innenministeriums. Die VAG wird ihre Kameras entsprechend umrüsten
Erstveröffentlicht: 
04.10.2010

Die Videoüberwachung der Freiburger Verkehrs-AG an ihren Haltestellen verstößt gegen den Datenschutz. Das jedenfalls ist die Einschätzung des Innenministeriums: Die Kameras hätten einen zu großen Radius und lieferten zu genaue Bilder.

 

Um den Verkehr zu überwachen, sei das nicht nötig, heißt es von Seiten des Ministeriums. Der städtische Verkehrsbetrieb kündigte gegenüber der BZ an, die Kameras entsprechend zu verändern. Unbedenklich ist hingegen die Videoüberwachung in den Straßenbahnen.

Den Stein ins Rollen gebracht hat der Ex-Stadtrat Sebastian Müller (Junges Freiburg). Im Dezember 2008 hatte er sich mit einer Beschwerde ans Innenministerium in Stuttgart gewandt. Grund war damals die Ankündigung der Verkehrs-AG, nach einem erfolgreichen Probelauf in zehn Trams nun dauerhaft Kameras laufen zu lassen. Dagegen protestierten Studierende sowie Stadträte der Unabhängigen Listen und der Grünen Alternative..


Die Kameras an Plätzen sind nicht in Ordnung


Inzwischen sind 19 Bahnen videoüberwacht. Diese Daten werden nach zwei Tagen gelöscht, es sei denn es hat einen Vorfall gegeben – dann werden die Filme nach strengen Richtlinien angeschaut. Nicht gespeichert werden hingegen die Daten der rund 40 Kameras entlang der Strecken. Auf acht Monitoren verfolgt die Leitstelle im Gewerbegebiet Haid den Verkehrsfluss der Busse und Bahnen.


 

Die Beschwerde von Sebastian Müller zwang die zuständige Aufsichtsbehörde für den Datenschutz auf Neuland.

Jetzt liegt das Ergebnis ihrer juristischen Prüfung vor: Die umstrittene Überwachung in den Trams ist in Ordnung, die Kameras an Plätzen hingegen nicht. Das stimmt mit der Einschätzung der städtischen Datenschutzbeauftragten Heike Rosteck vom Frühjahr 2008 überein.

Dass die VAG ihre Bahnen überwacht, um Vandalen oder andere Straftäter zu ermitteln oder – besser noch: – abzuschrecken, hält Günter Schedler, Jurist in der Datenschutzbehörde, für zulässig. Der Zweck der Beobachtung stehe mit gesetzlichen Bestimmungen im Einklang. Angesichts der vielen Vorfälle sei die Überwachung auch erforderlich. Allerdings hat die Aufsichtsbehörde die VAG aufgefordert, eine genaue Statistik über die Straftaten zu führen, um nachweisen zu können, ob und in welchem Umfang die Beobachtung erforderlich sei.

Die Kameras erkennen Menschen sogar in 100 Metern Entfernung


Anders sieht es bei den Streckenkameras aus. Sie sollen den Betrieb sichern helfen, indem die VAG schnell auf Störungen reagieren kann. Doch die Kameras sind so leistungsfähig, dass sie Menschen und Autokennzeichen in hundert Metern Entfernung erkennen können. Einige Kameras, so der Datenschützer, könnten sogar so weit schwenken, dass sie Privatwohnungen, Balkone oder Grundstücke erfassen.

Diese personenbezogenen Daten seien aber nicht erforderlich, um den Tramverkehr im Blick zu haben. Die Überwachung dringe in Räume ein, "die der sozialen Kommunikation und privaten Zwecken dienen und völlig unbeteiligte Personen, die sich zu Recht unbeobachtet wähnen, erfasst." Die Empfehlung: Die VAG solle sich anderer Mittel bedienen oder aber die Beobachtung einschränken.

Das wird VAG-Betriebsleiter Thomas Ruff auch tun. "Da hilft keine juristische Auseinandersetzung." Weil die Bewertung des Innenministeriums grundsätzliche und über Baden-Württemberg hinausreichende Bedeutung hat, will er das Vorgehen mit dem Verband deutscher Verkehrsbetriebe abstimmen. Bis Mitte Oktober soll die VAG ihre Stellungnahme dem Innenministerium vorlegen. Klar ist, dass die Kameras eine Blechverkleidung erhalten, um den Radius zu verringern. "Gegebenenfalls müssen wir auch welche ganz abbauen", sagt Ruff. Und die Zoom-Funktion wird ausgeschaltet. Gleichzeitig wundert ihn, wie viele private Kameras in Freiburg zu sehen sind, die sicherlich datenschutzrechtlich problematisch seien. Doch die zuständige Behörde wird erst tätig, wenn sich jemand beschwert.