Die Videoüberwachung der Freiburger Verkehrs-AG an ihren Haltestellen verstößt gegen den Datenschutz. Das jedenfalls ist die Einschätzung des Innenministeriums: Die Kameras hätten einen zu großen Radius und lieferten zu genaue Bilder.
Um den Verkehr zu überwachen, sei das nicht nötig, heißt es von Seiten
des Ministeriums. Der städtische Verkehrsbetrieb kündigte gegenüber der
BZ an, die Kameras entsprechend zu verändern. Unbedenklich ist hingegen
die Videoüberwachung in den Straßenbahnen.
Den Stein ins Rollen gebracht hat der Ex-Stadtrat Sebastian Müller
(Junges Freiburg). Im Dezember 2008 hatte er sich mit einer Beschwerde
ans Innenministerium in Stuttgart gewandt. Grund war damals die
Ankündigung der Verkehrs-AG, nach einem erfolgreichen Probelauf in zehn
Trams nun dauerhaft Kameras laufen zu lassen. Dagegen protestierten
Studierende sowie Stadträte der Unabhängigen Listen und der Grünen
Alternative..
Inzwischen sind 19 Bahnen videoüberwacht. Diese Daten werden nach zwei
Tagen gelöscht, es sei denn es hat einen Vorfall gegeben – dann werden
die Filme nach strengen Richtlinien angeschaut. Nicht gespeichert
werden hingegen die Daten der rund 40 Kameras entlang der Strecken. Auf
acht Monitoren verfolgt die Leitstelle im Gewerbegebiet Haid den
Verkehrsfluss der Busse und Bahnen.
Die Beschwerde von Sebastian Müller zwang die zuständige Aufsichtsbehörde für den Datenschutz auf Neuland.
Jetzt liegt das Ergebnis ihrer juristischen Prüfung vor: Die
umstrittene Überwachung in den Trams ist in Ordnung, die Kameras an
Plätzen hingegen nicht. Das stimmt mit der Einschätzung der städtischen
Datenschutzbeauftragten Heike Rosteck vom Frühjahr 2008 überein.
Dass die VAG ihre Bahnen überwacht, um Vandalen oder andere Straftäter
zu ermitteln oder – besser noch: – abzuschrecken, hält Günter Schedler,
Jurist in der Datenschutzbehörde, für zulässig. Der Zweck der
Beobachtung stehe mit gesetzlichen Bestimmungen im Einklang. Angesichts
der vielen Vorfälle sei die Überwachung auch erforderlich. Allerdings
hat die Aufsichtsbehörde die VAG aufgefordert, eine genaue Statistik
über die Straftaten zu führen, um nachweisen zu können, ob und in
welchem Umfang die Beobachtung erforderlich sei.
Anders sieht es bei den Streckenkameras aus. Sie sollen den Betrieb
sichern helfen, indem die VAG schnell auf Störungen reagieren kann.
Doch die Kameras sind so leistungsfähig, dass sie Menschen und
Autokennzeichen in hundert Metern Entfernung erkennen können. Einige
Kameras, so der Datenschützer, könnten sogar so weit schwenken, dass
sie Privatwohnungen, Balkone oder Grundstücke erfassen.
Diese personenbezogenen Daten seien aber nicht erforderlich, um den
Tramverkehr im Blick zu haben. Die Überwachung dringe in Räume ein,
"die der sozialen Kommunikation und privaten Zwecken dienen und völlig
unbeteiligte Personen, die sich zu Recht unbeobachtet wähnen, erfasst."
Die Empfehlung: Die VAG solle sich anderer Mittel bedienen oder aber
die Beobachtung einschränken.
Das wird VAG-Betriebsleiter Thomas Ruff auch tun. "Da hilft keine
juristische Auseinandersetzung." Weil die Bewertung des
Innenministeriums grundsätzliche und über Baden-Württemberg
hinausreichende Bedeutung hat, will er das Vorgehen mit dem Verband
deutscher Verkehrsbetriebe abstimmen. Bis Mitte Oktober soll die VAG
ihre Stellungnahme dem Innenministerium vorlegen. Klar ist, dass die
Kameras eine Blechverkleidung erhalten, um den Radius zu verringern.
"Gegebenenfalls müssen wir auch welche ganz abbauen", sagt Ruff. Und
die Zoom-Funktion wird ausgeschaltet. Gleichzeitig wundert ihn, wie
viele private Kameras in Freiburg zu sehen sind, die sicherlich
datenschutzrechtlich problematisch seien. Doch die zuständige Behörde
wird erst tätig, wenn sich jemand beschwert.