BZ: Ausschreitungen in London vor Beginn des G20-Gipfels

Erstveröffentlicht: 
01.04.2009

Randale bei den G20-Protesten in London: Die Demonstrationen von Gipfelgegnern in der britischen Hauptstadt sind eskaliert. Krawallmacher belagerten dabei das Bankenviertel und gerieten heftig mit der Polizei aneinander.


 

Am Mittag waren sie, wie versprochen, zur Stelle. Vor der Bank von England, der Zentralbank im Zentrum der City of London, drängten sich mehrere tausend Demonstranten in lautstarkem Protest gegen den G20-Gipfel und seine Protagonisten. "Revolution, Revolution", forderten Sprechchöre überwiegend junger Antikapitalisten. Einige skandierten "Stürmt die Banken!" Einer Gruppe gelang es, in ein Gebäude der Royal Bank of Scotland (RBS) einzudringen. Andere Teilnehmer der Kundgebung attackierten die zum London Weltwirtschafts-Gipfel angereisten Staats- und Regierungschefs für ihr "Desinteresse an den Armen und Vergessenen in ihren Ländern" und für "einen generellen Mangel an Demokratie". Die Demonstranten waren unterm Banner eines "G20-Meltdown" als "Reiter der Apokalypse" in Form von vier Kolonnen von vier City-Bahnhöfen aus zur Bank von England gezogen.

 

5.000 POLIZISTEN IM EINSATZ

Die gelbe Linie der Polizisten schien zeitweise dünn, im heftigen Gedränge vor den Säulen der Zentralbank und der Royal Exchange, im Herzen des britischen Finanzbezirks. Zusätzlich zu den Demonstranten an der Threatneedle Road waren, ein paar Straßen weiter in Bishopsgate, Klima-Aktivisten und Umweltschützer aufmarschiert, um in einer eigenen Aktion vor Londons CO2-Börse den Zusammenhang zwischen ökonomischer und ökologischer Krise aufzuzeigen. Ein "Klima-Camp" mit Zelten und Ständen proklamierte ein auf 24 Stunden angelegtes grünes Protestlager. Die Organisatoren dieser Kundgebung hatten sich in den letzten Monaten schon in großer Zahl gegen diverse Kraftwerke und den Ausbau des Flughafens Heathrow engagiert. Eine separate Gruppe grüner Verbände manövrierte einen Eisberg zum G20-Konferenzentrum in den Ost-Londoner Docklands, um auf katastrophale Folgen des Klimawandels hinzuweisen. Auf Trafalgar Square und vor der Londoner US-Botschaft eröffneten zugleich Gegner des Irak- und des Afghanistan-Kriegs, zusammen mit Veteranen der Antiatomwaffen-Bewegung CND, eine dritte Protest-Front. Die Veranstalter hatten gewaltlose Demonstrationen gelobt, doch die Polizei war - an allen Fronten - für Zusammenstöße gerüstet. 5.000 Beamte bot die Metropolitan Police an diesem Tag in London auf. Insgesamt wurden über 30.000 Polizisten in Reserve gehalten.


DIE STIMMUNG WAR ZUNÄCHST ENTSPANNT

Über 7 Millionen Pfund wurden für die Sicherheitsaktionen ausgegeben. Vorab-Berichte, vor allem in der konservativen Presse, über drohende "Guerilla-Aktionen" und Anarchisten-Überfälle auf Banken und Bankangestellte, hatten die Nervosität angeheizt und zur massiven Absicherung der gesamten City durch die Polizei geführt. Einige Banken und Firmen hatten sich verbarrikadiert, andere ihren Angestellten geraten, in Freizeitkleidung zur Arbeit zu kommen. Die Stimmung am Mittwoch war aber zunächst einmal entspannt. Die meisten Demonstranten beließen es bei lautstarken Auftritten und theatralischen Mitteln. Eine Minderheit, vor allem in den vordersten Reihen, geriet in Handgreiflichkeiten mit den Ordnungskräften. Festgenommen wurde eine Gruppe, die in Uniformen auf einem Panzerwagen in die City einzufahren suchten. Eine Anzahl weiterer Personen wurde im Laufe des Nachmittags wegen Übergriffen auf Polizisten verhaftet. Mehrere Beamte und Demonstranten wurden verletzt. Für den späteren Abend wurden Ausschreitungen durch kleinere Gruppen befürchtet.

Die Royal Bank of Scotland steht im Zentrum der Wut der Demonstranten. Das Institut hatte wegen der Finanzkrise einen Rekordverlust in der britischen Firmengeschichte verbucht und gleichzeitig seinem ehemaligen Chef eine Riesenpension zugestanden.