29-Jähriger soll 2010 auf thiazi.net zur Wiederbetätigung aufgerufen haben. Er gab sich geläutert
Von Stefanie Ruep
Salzburg – Das Thiazi-Forum war das bedeutendste rechtsextremistische Internetforum im deutschsprachigen Raum. Es wurde im Sommer 2012 geschlossen und verboten. Am Freitag musste sich ein ehemaliges Mitglied des Forums in Salzburg vor einem Geschworenengericht verantworten. Der 29-Jährige aus Zell am See zeigte sich voll geständig und gab sich geläutert.
Staatsanwalt Marcus Neher warf dem 29-jährigen Salzburger das Vergehen nach Paragraf 3d des Verbotsgesetzes vor. Er soll unter dem Usernamen Burkhard 2010 im Thiazi-Forum in rund 200 Wortmeldungen zur Wiederbetätigung aufgerufen haben. Der Strafrahmen für den Aufruf zur Wiederbetätigung beträgt fünf bis zehn Jahre Haft.
Wiedereinführung des Großdeutschen Reichs propagiert
Der Arbeitslose unterstützte das Forum auch mit einer Geldspende. Dafür konnte er einen eigenen Diskussionsstrang in dem Forum eröffnen und moderieren. Darin propagierte er die Wiedererrichtung des Großdeutschen Reiches unter nationalsozialistischer Führung. In weiteren Postings schimpfte er über das "internationale Judentum", verherrlichte Adolf Hitler und rief andere Mitglieder dazu auf, "die nächsten Volksgenossen vom Nationalsozialismus zu überzeugen und wehrfähig zu machen".
Im Forum kündigte er an, sollte er erwischt werden, jede Aussage zu verweigern, bis zum Ende. Doch beim Prozess am Freitag kam es ganz anders. Der 29-Jährige legte ein vollinhaltliches Geständnis ab. Er distanziere sich heute klar vom nationalsozialistischen Gedankengut. Er sei extra weggezogen, um aus dem Freundeskreis zu kommen, sagte der 29-Jährige, der seit sechs Jahren im Wuppertal lebt. Er erzählte, wie er in die rechtsextreme Szene abgerutscht sei: "Anfangs habe ich negative Erfahrungen mit anderen Kulturen gemacht. Das habe ich übertragen auf die Herkunft und Rasse und sofort Vorurteile gebildet. Ich hatte auch Freunde, die das propagierten", sagte der Angeklagte.
Vorurteile gegenüber Randgruppen
"Ich hatte Vorurteile gegen Fremde, Behinderte, Schwule – obwohl ich selber schwul bin. Ich habe jeden Kontakt mit anderen Kulturen abgelehnt", erzählte der 29-Jährige. Wegen seiner eigene Homosexualität habe er sich auch Vorwürfe gemacht und sich minderwertig gefühlt. "Ich habe darüber nachgedacht, mich umzubringen, weil ich völkisch nicht würdig war." Durch die damaligen Kameraden sei er auch zu dem Forum gekommen, wo er durch die Spende von fünf Euro in dem Unterforum für Nationalsozialismus tätig werden konnte.
"Ich habe Menschen dazu verleitet, so zu denken wie ich. Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Das ist total schlimm", betonte der Beschuldigte. "Haben sie die Ziele des Nationalsozialismus verherrlicht und angepriesen?", fragte Richter Helmuth Marco Torpier nach. "Ja, das stimmt eindeutig", antwortete er. "Das sieht man auch an den Beiträgen, dass ich andere dazu verleitet habe."
Abgewandt habe er sich von der rechten Szene, weil sein Leidensdruck und die Vorwürfe aus den eigenen Reihen immer größer geworden seien. Er habe auch nicht mehr eingesehen, dass es an der Abstammung liegen solle, wie jemand drauf sei. "Mir ist der Widerspruch meiner eigenen Ideologie aufgefallen", betonte der 29-Jährige.
Mildes Urteil erbeten
Seine Pflichtverteidiger bat um ein mildes Urteil. Er habe seine Tat bereut, alles offengelegt und stehe zu seiner Verantwortung. Er sei auch in der Flüchtlingshilfe tätig gewesen. 2012 sei er bei einer Demo gegen die Pegida und gegen Salafismus wegen Beschimpfungen gegen Polizisten aufgegriffen worden.
Sogar Staatsanwalt Marcus Neher führte bei seinem Schlussplädoyer Milderungsgründe für den 29-Jährigen an. "Das Geständnis scheint mir aufrichtig zu sein." Wobei er den Geschworenen mitgab: "Sie müssen die Schuldfrage schlicht und ergreifend mit Ja beantworten." Schwieriger werde die Sanktionsfrage. Neher ergänzte: Es sei zutreffend, dass der Angeklagte sich von der rechten Seite entfernt habe und nun eher auf der anderen Seite zu finden sei. Das zeige auch die Auskunft des Verfassungsschutzes. Es brauche nicht zwingend die Mindeststrafe.
Das sah der Geschworenensenat ähnlich. Der 29-Jährige wurde schuldig gesprochen und zu zwei Jahren bedingter Haft verurteilt. Der Angeklagte nahm das Urteil an, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.