Dresden – Sachsen hat erstmals ein detailliertes Lagebild zu den sogenannten Reichsbürgern erstellt. Demnach werden 718 Einwohner des Freistaates dieser Szene zugerechnet. Das Lagebild des Verfassungsschutzes informiert unter anderem über die regionale Verteilung, die Altersstruktur sowie Verbindungen.
„Damit zeigen wir, dass wir diese Szene auf dem Radar haben und die von ihr ausgehende Gefahr für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ernst nehmen”, erklärte Innenminister Markus Ulbig (CDU).
Bei einem Teil gebe es „ein hohes Eskalations-, Gewalt- und Mobilisierungspotenzial” vor allem gegenüber Vollzugsbeamten. Auch die „Waffenaffinität” Betroffener sei nicht zu unterschätzen.
► Nach dem sächsischen Lagebild sind von den 718 erfassten Personen 67 zusätzlich dem rechtsextremen Spektrum zuzurechnen. Die meisten „Reichsbürger” leben in Mittelsachsen (120), dem Vogtlandkreis (98 sowie in den Landkreisen Bautzen (74) und Görlitz (66). Chemnitz steht mit 17 Betroffenen zu Buche, Dresden mit 29 und Leipzig mit 34. Der durchschnittliche „Reichsbürger” in Sachsen ist männlich und etwa 49 Jahre alt. Der Frauenanteil sei hier mit 23 Prozent im Vergleich mit anderen Bundesländern überdurchschnittlich hoch, hieß es.
Laut Innenministerium existieren in der Szene neben einer Vielzahl von Einzelpersonen auch Gruppierungen wie der „Bundesstaat Sachsen” und die „Exilregierung Deutsches Reich”. Bei 40 der 718 identifizierten „Reichsbürger” und „Selbstverwalter” gibt es Erkenntnisse über zumindest frühere waffenrechtliche Erlaubnisse.
Bei den von „Reichsbürgern” begangenen Straftaten dominierten in den vergangenen Jahren bundesweit Betrugsfälle. Aber auch zahlreiche Gewaltdelikte sind aktenkundig. Bei den Betroffenen bestehe die Gefahr von Kurzschlusshandlungen, hieß es. In Sachsen wurden von 2012 bis 2016 insgesamt 1524 Straftaten durch „Reichsbürger” verübt.