Die antikapitalistische Demonstration »G20 - Welcome to hell« gegen den G20-Gipfel beginnt am 6. Juli mit einer Kundgebung auf dem Hamburger Fischmarkt mit internationalen Gästen und Livebands. Auf der Kundgebung sprechen internationale Aktivist*innen von Protesten und aktuellen Widerstandserfahrungen sowie staatlicher und gesellschaftlicher Repression.
I. INTERNATIONALE AUFTAKTKUNDGEBUNG
Live-Bands,
Redebeiträge und Soligetränke auf dem Fischmarkt
Die
Goldenen Zitronen, Neonschwarz, Johnny Mauser & Captain Gips
werden ab 16 Uhr live auf der Bühne spielen und begleiten das
vorbereitete Programm mit weiteren Überraschungen. Am Rande der
Kundgebung wird es zudem Soli-Getränke und Essen geben. Die Konzerte
und Beiträge beginnen pünktlich um 16 Uhr!!!
Aktivist*innen aus
verschiedenen Ländern berichten auf der Kundgebung und Demonstration
von ihren Kämpfen und ihrer Selbstorganisierung, von staatlicher
Repression, von Sexismus und Homophobie, Rassismus, Antisemitismus
und Alten wie Neuen Rechten. Uns eint der Kampf gegen kapitalistische
Zustände, die wir nicht mehr ertragen wollen.
II.
ANTIKAPITALISTISCHE DEMONSTRATION
Ab 18:30 Uhr zieht das
Programm dann auf den Lautsprecherwagen um und es beginnt die
Aufstellung der Demonstration in der Hafenstraße auf Höhe Park
Fiction/Hafenstraßen Häuser. Wir erwarten eine breit getragene
Demonstration mit stadtpolitischen und entwicklungspolitischen
Spektren, einem queerfeministischen und einem großen autonomen
Block. Start der Demonstration ist pünktlich um 19 Uhr.
Der
Ort der Auftaktkundgebung liegt mit Blick auf den Hafen als
Logistik-Drehschreibe und die Elbphilharmonie als Ort des geplanten
offiziellen Gipfelphotos zwischen Demonstrationen, Blockaden und
Rauchzeichen der Gipfelproteste.
„Unsere Botschaft
ist: Wir sind schon da, wenn die Staatsgäste anreisen und wir werden
den reibungslosen Ablauf dieses Gipfels stören!“
Politische
Gipfel von G7 bis G20 sind seit jeher verbunden mit
Auseinandersetzungen auf den Straßen und Protesten. In Hamburg ist
zum G20 ein regelrechter Sicherheitswahn entbrannt. Wir wollen mit
der Kundgebung am 6. Juli den Blick weg von den Befindlichkeiten der
lokalen Sicherheitspolitik richten und die weltumspannende Ausbeutung
von Ressourcen, Kriege & die Gewalt der kapitalistischen
Gegenwart thematisieren.
Die Welt der G20, Kapitalismus und
patriarchale Verhältnisse bedeuten für Millionen von Menschen heute
die Hölle auf Erden. Doch nicht nur die Warenströme & Märkte
haben sich globalisiert, sondern auch unser Widerstand.
III.
GÄSTE UND THEMEN DER KUNDGEBUNG
Vom Hamburger Hafen
zum Widerstand in Oaxaca: Die Logistik der Ausbeutung
Politische
Morde und der Einsatz von Schusswaffen gegen indigene Proteste und
soziale Kämpfe sind in Mexiko Teil des repressiven Normalzustandes.
Nahe einer belagerten autonomen Gemeinde wurden vor 7 Jahren die
mexikanische Aktivistin Bety Cariño und der finnische Aktivist Jyri
Jaakkola von Paramilitärs ermordet, die bis heute von der Regierung
gedeckt werden. Omar Esparza, der ehemalige Lebensgefährte von Bety
fordert mit vielen anderen bis heute Aufklärung und musste wegen
Morddrohungen untertauchen.
Auf der
internationalen Kundgebung »G20 - Welcome to Hell« am Hamburger
Hafen berichtet Omar Esparza (Movimento Agrario Indígena Zapatista,
MAIZ), von staatlicher Repression, sozialen Kämpfen und Landraub bei
indigenen Gemeinden im mexikanischen Oaxaca. Andere Aktivist*innen
aus Oaxaca haben vor einigen Jahren zu Solidaritätsblockaden gegen
die Verschiffung von technischen Anlagen aufgerufen, welche zum
Landraub und der Enteignung indigener Gemeinden verwendet
werden.
Die Proteste gegen den Großflughafen in
Atenco/Mexiko City und staatliche Gewalt
Die erhobene
Machete ist das Sympbol der Proteste in Atenco. Der Name dieses
mexikanischen Ortes steht heute in Mexiko für Staatsverbrechen,
sexualisierte Folter und Straflosigkeit. Doch zugleich ist Atenco ein
Symbol für unbeugsamen Widerstand und Solidarität. Nach
Auseinandersetzungen um die Stände von Blumenhändler*innen stürmte
die Polizei die Stadt und es kam zu zwei Toten, vielen
Schwerverletzen und über 200 Festnahmen. Die Festgenommenen wurden
gefoltert, zahlreiche weibliche Gefangene wurden vergewaltigt.
Trinidad Ramírez, von
Frente de Pueblos en Defenca de la Tierra (FPDT), berichtet von
Repression und dem Widerstand der Frauen von Atenco gegen die
Straflosigkeit sexualisierter Staatsgewalt. Die Gewalt hat die
Bewegung von Atenco nicht gebrochen. Aktuell gibt es neue
Stadtentwicklungsproteste gegen das neue Flughafenprojekt „Future
City“, geplant vom Architekten Norman Foster. Mit dem neuen
Großflughafen für Mexiko City werden Hotelanlagen, Einkaufszentren
und Industriekorridore geschaffen. Eine Stadtplanung, die
beispielhaft für die Gewalt kapitalistischer Großprojekte
steht.
Systematische Gewalt gegen LGBTI* in Russland
In
den letzten fünf Jahren hat sich die Situation in Russland für
antirassistische, zivilgesellschaftliche Gruppen und
Menschenrechtsaktivist*innen sowie für Mitglieder besonders
gefährdeter Gruppen (Frauen, ethnische Minderheiten, LGBTI) rapide
verschlechtert. Staatliche Repression gegen die Zivilgesellschaft
verbindet sich mit der Förderung "traditioneller Werte"
und Homophobie. Versuche, der Regierung Opposition und Kritik
entgegenzusetzen, sind heftigen Reaktionen ausgesetzt, oft in Form
ungesetzlicher, willkürlicher und unmenschlicher Aktionen der
Polizei und anderer staatlicher Institutionen.
Inessa Sakhno,
Menschenrechtsaktivistin vom Anti-Discrimination Centre Memorial
berichtet u.a. von den jüngsten Massen-Protestdemonstrationen die in
Moskau und St. Petersburg 1500 Verhaftungen von Aktivist*innen für
einen Tag zur Folge hatten. Einige von ihnen wurden auf den
Polizeiwachen gefoltert, Hunderte bis zu 15 Tagen festgehalten.
Schreckliche Folterungen gab es in Tschetschenien: Mehr als hundert
schwule Männer wurden gefangen genommen und in inoffiziellen
Gefängnissen festgehalten, einige von ihnen zu Tode geprügelt.
Eine
andere Welt ist möglich - Widerstandserfahrungen in den
USA
Rassismus, Antisemitismus oder Hass gegen queere
Selbstorganisationen sind verbreitet in rechtspopulistischen
Bewegungen. Was sagen uns die Wahlsiege und -Erfolge von Trump in den
USA, Erdogan in der Türkei und Rechtspopulist*innen in Europa über
die Zeit, in der wir leben? Und welche Strategien bieten sich an, um
zunehmend repressiven Regierungen und einem stärker werdenden
Nationalismus die Stirn zu bieten? In den USA entwickeln sich neue
Formen von Protest und Selbstorganisation. In den ersten Wochen von
Trumps Präsidentschaft ging eine große Protestwelle durch das Land.
Vor dem Kontext der
Erfolge und Niederlagen der sozialen Bewegungen unter Trump, wird
ein*e Aktivist*in aus der anarchistischen Bewegung in den USA über
den Stellenwert von Basis-Widerstandsbewegungen in der gegenwärtigen
Situation sprechen. Soziale Bewegungen sehen sich neuen Gefahren
ausgesetzt, stehen aber auch vor neuen Möglichkeiten und
Widerstandserfahrungen.
Lampedusa in Hamburg und die
Autonomie der Migration
Die Proteste gegen G20-Gipfel sind
ohne die vielfältigen Kämpfe von Geflüchteten gegen das
europäische Migrationsregime nicht zu denken. Die teilnehmenden
Staaten am G20 Gipfel sind die Verantwortlichen für Kriege und Armut
in weiten Teilen der Welt. Das Treffen im Juli hat nicht sichere
Fluchtrouten oder das Ende kapitalistischer Ausbeutung zum Ziel,
sondern die Aufrechterhaltung dieser Zustände und eine weitere
Abschottung gegen deren Folgen. Dass Abschiebungen von Roma innerhalb
Europas, oder von Geflüchteten nach Afrika oder Afghanistan
verhindert werden können, wenn wir solidarisch & gemeinsam aktiv
werden haben die jüngsten Proteste von Schüler*innen in Nürnberg
gezeigt.
Auf der Kundgebung spricht ein Aktivist der Gruppe
Lampedusa in Hamburg über die Proteste und Perspektiven
selbstorganisierter Kämpfe gegen die Festung Europa. Mehrere Jahre
sind vergangen, seit sich hunderte Geflüchtete zum Kollektiv
„Lampedusa in Hamburg“ zusammengeschlossen haben und für ihre
Rechte kämpfen. Der Hamburger Senat verweigert bis heute die
Forderung nach einem kollektiven Bleiberecht. Weder
Großdemonstrationen, noch sonstige Proteste konnten bisher die
Politik umstimmen. Es scheint ruhiger geworden zu sein, aber
Geflüchtete und Illegalisierte sind immer noch hier, organisieren
sich und leisten Widerstand.
Gegen die kapitalistische
Ausbeutung und patriarchale Ordnung der Welt!
Tote
Geflüchtete im Mittelmeer, erschossene Streikende, verfolgte und
ermordete LGBTI* oder zunehmende rassistische & nationalistische
Mobilisierungen überall auf der Welt sind für uns kein hinnehmbarer
Zustand. Wir gehen deshalb am 6.7. auf die Straße, um uns zu
vernetzen und erklären unsere Absicht, nicht nur den Gipfel zu
stören, sondern in der Perspektive ganz andere Vorstellungen von
Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Dass wir gegen den G20-Gipfel
in Hamburg auf die Straße gehen, bedeutet nicht, dass wir zur
Friedhofsruhe übergehen, sobald die Staatschefs wieder abgereist
sind. Bei der Kritik der globalen Verhältnisse sind uns nicht die
Personen und Gipfelevents wichtig, sondern die Perspektive lokaler
Kämpfe und wiederständiger Bewegungen.
Internationale Kundgebung »Welcome to hell«
6. Juli
2017 | 16 - 18:30 Uhr | Fischmarkt Hamburg
Kontakt: hafenbuehne@nadir.org