Am 29. Juni 2017 will die Staatsmacht im Interesse mehrerer Kapitalist*innen den Kiezladen Friedel54 zwangsräumen. Die Bezirks- und Landespolitik hätte eine Eskalation rechtzeitig verhindern können und damit nicht nur den Reuterkiez vor der drohenden Belagerung durch bewaffnete Robocops bewahren, sondern auch die Verdrängung der Bewohner*innen des Hauses verhindern können. Sie wollte in dem Moment, als sie konnte nicht das Vorkaufsrecht anwenden und hat damit Schützenhilfe für Citec, Pinehill, Paddock und Secura geliefert. Oder anders ausgedrückt, sie ist ihrer Funktion als Garant von Investor*inneninteressen nachgekommen. Als das Haus vor ca. einem Jahr von der Citec (unterstützt von dem aktuellen Pressesprecher der AfD-Fraktion im berliner Senat, Thorsten Elsholtz) an die Pinehill verkauft wurde, wurden so manche Klauseln in den Vertrag – der dem Bezirksamt vorlag – eingebaut. Unter anderem, dass die Pinehill, sollte sie die Kündigung des Kiezladens nicht übernehmen noch im Juli letzten Jahres selbst eine Kündigung hätte aussprechen MÜSSEN. Außerdem wurde festgehalten, dass die Citec, sollte der Kiezladen vor Gericht erstreiten, dass er bleiben dürfe, die Möglichkeit hat der Pinehill vorzuschreiben, ob sie in Revision geht.
Es zeigt sich also ein weiteres Mal, dass auch die geringste Hoffnung in die herrschende Lokal-, Landes-, oder Bundespolitik naiv und gefährlich ist. Es zeigt sich aber auch, dass wir als Friedel54-Kollektiv gemeinsam mit allen Unterstützer*innen und solidarischen Initiativen einiges richtig gemacht haben. Dazu gehört unter anderem, dass den Citec-Bossen nichts anderes übrig blieb, als das Haus zu verkaufen. Die Vertragsklauseln nehmen wir als Kompliment hin, diesen rechten Kapitalisten aus Wien, nicht nur ein Dorn im Auge, sondern die Faust in ihren Fressen gewesen zu sein. Ihre Rachsucht zeigt, dass auch Verdrängungsakteur*innen angreifbar sind. Angreifbar sind ihre Images, ihre Renditepläne (versuchte Besetzung), ihr meist unbeachteter Alltag im „ganz normalen“ kapitalistischen Wahnsinn. (Fahrt nach Wien | Go-In bei Hausverwaltung | Angriff auf Secura)
Direkte Angriffe auf einzelne Akteure greifen allerdings nicht die Struktur kapitalistischer Verwertungslogik von urbanen Zentren an. Militanz ist ein wichtiges Mittel um Investor*innen abzuschrecken und akute Verdrängungsprozesse zu entschleunigen. Im Begriff des Risikokapitals ist allerdings schon die Krux begraben. Wohnraum bleibt Ware. Leider. Das nehmen aber auch viele Szenefremde Nachbar*innen zunehmend war. Beispielsweise die selbstorganisierte Kiezversammlung44, die aus der Initiative des Kiezladens und der Hausgemeinschaft geboren wurde und differenziert Themen, wie Tourismus analysiert aber vor allem ein Hort der gegenseitigen Solidarität ist.
Verdrängung beginnt im Kopf. Sich nicht einzugestehen, dass der eigene Wohnraum, Laden oder Projektraum durch Mieterhöhungen, Umwandlung in Privatwohnungen bedroht sein könnte, oder zu denken: „So ist das nun mal… Kann man ja eh nix machen!“ lähmt ungemein. Jene, die die Hoffnung auf eine bessere Stadt noch nicht aufgegeben haben, kommen durch die akute Notwendigkeit von Widerstand vermehrt zusammen. Umso wichtiger ist es, dass die vielen Kämpfe in Berlin – und vielen anderen Städten – sichtbarer werden. Angst vor der Öffentlichkeit und Hoffnung in eine Rettung durch Politik sind leider immer noch Bestandteile dieser sehr diversen Bewegung. Davon wollen wir – als Kiezladenkollektiv – uns auch gar nicht frei machen. Die Hoffnung durch einen runden Tisch, oder das Vorkaufsrecht der Politik die Friedel54 dem Markt zu entziehen und selbst zu verwalten, war lange Zeit da. Was wir aber gelernt haben ist, dass auf diese rot-rot-grünen Charaktermasken, weder auf Bezirks-, noch auf Landesebene Verlass ist. Sie sind gefangen in ihrem eigenen Machtapparat mit Werkzeugen, die Eigentum an Grund und Boden niemals auf eine Weise verneinen werden wie wir. Aus Fehlern lernt man.
Deshalb ist es umso wichtiger als außerparlamentarische,
eigentumskritische Masse die Straßen, Plätze, Hausflure, besetzten
Kiezläden und Ferienwohnungen, statt Hinterzimmer und Planarsäle als
Orte der politischen Aktion zu bespielen. Selbstbewusst wird nur, wer
die Bevormundung durch Politiker*innen negiert, und nicht apelliert.
Wir sind überwältigt von der Solidarität für die Friedel54. Der erste Versuch einer Zwangsräumung am 29.6. steht jetzt schon fest: Wir sind sicher das es ein Desaster für Franziska Giffey, die rot-rot-grüne Koalition und die Berliner Polizei, die sich zu Marionetten der gekränkten Citec und der Pinehill machen, wird.
Es geht aber nicht nur um den Kiezladen Friedel54 und eine einzige Zwangsräumung. Es geht darum sichtbar zu sein für alle, die Angst haben vor Verdrängung, ihnen Mut zu geben und die Möglichkeit an Diskussionen teilzunehmen, weitere Aktionen zu planen und durchzuführen. Es geht darum Zwangsräumungen als gewalttätigstes Mittel der Verdrängung zu skandalisieren und hervorzuheben, dass diese Gewalt trauriger Alltag ist. Es geht darum zu ermutigen Besetzungen durchzuführen, zu verteidigen oder Besetzungen von Außen zu unterstützen.
Wir fordern Euch alle auf, Teil der bevorstehenden Veranstaltungen zu werden und die Chance zu nutzen zusammen zukommen, zu diskutieren, spontan zu sein, die Straßen zu erobern, zu tanzen, zu singen und dem Begehren nach einer besseren Stadt, einer Stadt für Alle Ausdruck zu verleihen. Lasst uns den Verdränger*innen zeigen. Wer sich mit einem von uns anlegt, legt sich mit Allen an. Und wir sind viele!
Friedel54 verteidigen! Jede Zwangsräumung zum Desaster machen! Stadt von unten aufbauen!
Fahrplan für die nächsten Tage:
23.6.2017 // 16 Uhr // Reuterplatz // U-Hermannplatz
Zwangsräumungen, Verdrängung, Gentrifizierung: Scheiße!
Konzert & Kundgebung für mehr solidarische Kieze und die Stadt von Unten!
Redebeiträge, Infostände und musikalischer Protest von:
Terrorgruppe (Punkrock vom Scheitel bis zur Kimme)
PTK (Kreuzberg bis zum Tod) Achtung! Facebook-Link.
Turntable Hools (Korpulente Infantile Zecken) Achtung! Facebook-Link.
Punkrock MC (Schunkeln bis zur Weltrevolution)
Lulu & die Einhornfarm (My little pony meets punkrock) Achtung! Facebook-Link.
FeeLaHaft & a lazy cat (Von der Straße für die Straße)
24.6.2017 // 12 Uhr // Friedel54 // U-Hermannplatz
Umsonstflohmarkt: Mitbringen, Abholen, nix bezahlen.
Alles für Alle und zwar umsonst. Eigentumskritik muss praktisch werden.
24.6.2017 // 20.30 Uhr // Oranienplatz // U-Moritzplatz/ U-Kotti
Demonstration: Gegen Zwangsräumung und Verdrängung! Kiezladen Friedel54 bleibt!
"Lasst uns gemeinsam die Räumung des Kiezladen Friedel54 und jede weitere Zwangsräumung verhindern. Lasst uns in unseren Häusern, unseren Kiezen, unseren Vierteln organisieren und der schleichenden Verdrängung unsere Wut und unseren Widerstand entgegen setzen. Lasst uns gemeinsam für mehr rebellische Nachbarschaften, solidarische Kieze und die Stadt von Unten streiten und kämpfen."
Gemeinsame Anreise aus Friedrichshain: 19:30 Uhr Dorfplatz (Rigaer Ecke Liebigstr.)
25.6.2017 // 14 Uhr // Friedel54 / Reuterplatz
Kiezspaziergang zu Orten der Verdrängung und des Widerstands in Neukölln
"Am 29. Juni soll der Kiezladen in der Friedelstraße 54 zwangsgeräumt
werden. Die Kosten des Polizeieinsatzes für eine anonyme Luxemburger
Briefkastenfirma werden den Wert des Hauses vermutlich übersteigen.
Dieser Spaziergang soll den drohenden staatlichen Gewaltakt in den
Kontext der Gentrifizierung des ganzen Viertels setzen. Anhand von
widerständischen Häusern und Aktionen erzählen wir Geschichten der
kapitalistischen Verdrängung in Neukölln.
Von ungewollten Modernisierungen, Zwangsräumungen, Umgehung von Steuern
und Regulierungen, Eigentumsumwandlungen und -neubau, AirBnB und
Tourismus, Kreativunternehmen und der Rolle von Konservativen und
Neurechten in der Immobilienbranche – vom großen Geschäft mit einem
Grundbedürfnis. Aber auch von Widerstand und Selbstorganisation, Genossenschaften und Syndikaten, direkten Aktionen und Blockaden."
27.6.2017 // 20:30 Uhr // vor der Friedel54
Video-Screening & Diskussion: aktuelle Mietenkämpfe in Berlin
Bevor uns Staat & Kapital auf die Straße setzen, nehmen wir sie uns lieber selbst. Open-Air Screening von Videoclips über aktuelle Mietenkämpfe in Berlin. Danach gibt es Raum für Fragen und Diskussionen.
28.6.2017 // 20:30 Uhr // vor der Friedel54
Film-Screening & Diskussion: Mietrebellen (Doku)
Bevor Staat und Kapital uns auf die Straße setzen, nehmen wir uns diese lieber selbst. Open-Air Kino mit der Dokumentation "Mietrebellen" und anschließender Diskussion mit dem Regisseur. Bleibt im Anschluss da und verhindert am 29. Juni gemeinsam und solidarisch unsere Räumung.
29.6.2017 // 9 Uhr // Friedel54 & ganz Neukölln
Zwangsräumung verhindern! Kiezladen Friedel54 bleibt!
Am Donnerstag, den 29. Juni soll der Kiezladen laut Willen der Eigentümerin und der Bullen zwangsgeräumt werden. Das werden wir nicht hinnehmen und das werden wir verhindern. Gemeinsam und solidarisch. Die Gerichtsvollzieherin hat sich für 9 Uhr angekündigt, erfahrungsgemäß kommt das Pack aber weit früher. Haltet Augen und Ohren offen, kommt möglichst früh und bereitet euch vor.
Vor Ort wird es Aktionskarten geben, sowie mehrere Blockade- und Infopunkte. Es gibt fußläufig eine Sanistation für leichte Fälle, sowie eine solidarische Arztpraxis für schwere Verletzungen. Der EA ist geschaltet, ein Prison-Support ist eingerichtet.
Am Tag vor der Räumung werden wir weitere Infos veröffentlichen. Stellt euch darauf ein das die Bullen auch früher anrücken können. Bildet Bezugsgruppen, überlegt euch Aktionen und verhindert gemeinsam unsere Räumung!
Kiezladen Friedel54