Über 500 Sozialwohnungen sind nicht belegt

Erstveröffentlicht: 
16.06.2017

Der Leerstand steigt. Deshalb zweifelt FDP-Mann Holger Zastrow am Bedarf für die Woba.

 

Von Andreas Weller

 

Rund 10 000 Wohnungen hat sich die Stadt beim Großvermieter Vonovia gesichert, um Familien in Härtefällen unterbringen zu können. Insgesamt bezahlt die Verwaltung rund 60 000 Dresdnern die Miete. Durch die neue Wohnungsgesellschaft der Stadt, aber auch bei privaten Anbietern und Genossenschaften sollen weitere Sozialwohnungen entstehen. Doch die Vonovia-Wohnungen sind nicht komplett ausgelastet. Das ergaben Antworten auf Anfragen von der FDP im Stadtrat. Demnach waren 2015 394 der gut 10 000 Wohnungen frei, 2016 bereits 477 und aktuell sind es 528, also gut fünf Prozent. Die Leerstandsquote bei den Genossenschaften liegt deutlich darunter.

„Da sind Wohnungen ungenutzt, anders als es uns die linksgrüne Mehrheit erzählen will“, so FDP-Fraktionschef Holger Zastrow. Dass der Wohnungsmangel, vor allem im sozialen Bereich, so gravierend sei, sehe er dadurch widerlegt. „Wir brauchen aktuell keine weiteren Sozialwohnungen.“ Schon gar nicht müsse eine neue städtische Gesellschaft gegründet werden, um speziell Sozialwohnungen zu bauen. „Das ist ein finanzpolitisches Abenteuer, das die linke Mehrheit durchdrücken will.“

Vonovia mit den rund 37 000 ehemaligen Woba-Wohnungen und die Genossenschaften mit rund 40 000 Wohnungen reichen laut Zastrow, um den Bedarf an günstigen Wohnungen zu decken. „Sie würden auch noch mehr bauen, wenn man sie lassen würde.“ Das werde aber durch die geplanten Kriterien für Sozialwohnungen verhindert. Denn die vorgesehenen Standards seien zu hoch.

Es sei der völlig falsche Ansatz, wenn die neue Woba Blöcke mit reinen Sozialwohnungen baue. „Das schafft Gettos. Wir brauchen aber eine Durchmischung.“ Deshalb sei es besser, Investoren zu verpflichten, einen gewissen Anteil an günstigen Wohnungen zu schaffen und im selben Haus „normale“ Wohnungen entstehen zu lassen. Durch das Förderprogramm vom Land sei auch der Anreiz dafür geschaffen.

Sozialbürgermeisterin Kristin Kaufmann (Linke) sieht sehr wohl einen Bedarf für weitere Sozialwohnungen. Denn die Zahl der ausgereichten Wohnberechtigungsscheine, mit denen die Stadt die Miete mindestens zum Teil übernimmt, sei stabil. Die Belegungsrechte bei Vonovia seien weitgehend ausgeschöpft. „Die Anzahl der freigemeldeten Wohnungen ist grundsätzlich abhängig vom Kündigungsverhalten der Mieter. Die Vermieter melden die Wohnung bereits unmittelbar nach der Kündigung des Vormieters frei.“ Danach könnten aber Instandsetzungen anfallen, sodass sie eine Weile nicht zur Verfügung stehen.

Kaufmann gibt allerdings zu, dass aktuell der Bedarf an Wohnungen für Dresdner mit geringem Einkommen bislang gedeckt wird. „Wie sich der Bedarf weiterentwickelt, kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden.“ Wegen der steigenden Mieten, dem weitestgehend erfolgten Abbau des Wohnungsleerstands und der stabilen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum werde aber das Angebot anzupassen sein. „Das kann durch Neubau und auch durch den Ankauf von Belegungsrechten erfolgen“, so Kaufmann.

 

Eine Woba „verzerre“ den Markt

Auch Vonovia spricht davon, bei den Belegungsrechten „praktisch vollvermietet“ zu sein. Diese Rechte gelten bis 2026 und können bis 2036 verlängert werden. „Der Bedarf an diesen Wohnungen sinkt derzeit nicht“, so Sprecherin Bettina Benner. Die gestiegene Nachfrage nach Wohnungen könne nur durch Neubau bedient werden. Da sehe Vonovia die Woba nicht als Konkurrenten. „Unterschiedliche Anbieter bereichern den Wohnungsmarkt mit unterschiedlichen Produkten. Niemand, der neu baut, kann am Bedarf vorbei investieren.“ Das Unternehmen werde bei Neubauten auch prüfen, die Förderung für Sozialwohnungen zu erhalten. Derzeit gebe es aber keine entsprechenden Vorhaben.

Dass Zastrow die neue Woba für überflüssig hält, teilt Bürgermeisterin Kaufmann nicht. „Vom sozialen Wohnungsbau insgesamt, von der Gründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft und dem damit verbundenen Aufbau von Vermögenswerten sowie der Einführung einer Mietpreisbremse erwartet die Stadtverwaltung positive Effekte.“ Zastrow hält dagegen, die Woba „verzerre“ den Markt, auch weil so Grundstücke für andere Bauherren nicht zur Verfügung stünden.