Aachen: Neonazis nach Drogenrazzia zerstritten

Erstveröffentlicht: 
03.06.2017

Offenbar haben alle Festgenommenen Verbindungen in die rechtsextreme Szene . Weiterer Raum in Aachen durchsucht.

 

Aachen. Auch wenn Pfingsten vor der Tür steht, die Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die Aachener Drogenbande geht unvermittelt weiter. Gestern ist im Aachener Stadtteil Brand ein weiterer Raum durchsucht worden – allerdings ohne Ergebnis. Stattdessen sickerte im Laufe des Freitags durch, dass alle fünf Festgenommenen Kontakte zur rechten Szene unterhalten haben sollen oder zum Teil dort sogar wichtige Positionen innehaben. Nach Informationen der „Nachrichten“ soll sich auch Robert M., der Bruder des bekannten Neonazis Tim M., darunter befinden. Bestätigen wollte dies Jost Schützeberg, Sprecher der Aachener Staatsanwaltschaft, allerdings nicht.

 

Stattdessen berichtete er: „Wir haben einen Raum, der einem der Festgenommenen zuzuordnen ist, durchsucht. Dabei sind allerdings keine weiteren Beweismittel gefunden worden.“ Die fünf Festgenommenen bleiben laut Schützeberg dennoch bis auf Weiteres in Haft.

 

Käufer im Visier der Ermittler

Ihnen wird vorgeworfen, über das sogenannte Darknet Rauschgift mindestens deutschlandweit vertrieben zu haben. Den Ermittlungen zufolge haben sie rund 20 Kilogramm Amphetamine im Gesamtwert von mindestens 160 000 Euro per Post verschickt. Schützeberg geht davon aus, dass dieser Handel nicht über die Aachener Gruppe hinausgeht und dass keine weiteren Personen darin verstrickt sein sollen. Allerdings müssten sich nun auch die Empfänger der Drogen auf Besuch der Polizei einstellen. „Die Daten werden derzeit ausgewertet, damit wir an die Käufer herantreten können“, sagte Schützeberg, der sich bei der Aachener Staatsanwaltschaft sowohl um Verfahren, die der organisierten Kriminalität zuzuordnen sind, als auch um solche mit politischem Hintergrund kümmert. Dennoch schwieg er auf die Frage nach den Verbindungen zum Rechtsextremismus der Festgenommenen. „Dazu kann ich nichts sagen“, erklärte er.

 

Nach Recherchen der „Nachrichten“ sollen aber alle Inhaftierten diese Verbindungen besitzen. Mit Robert M. soll sich sogar einer der führenden Aktivisten der „Identitären Bewegung“ (IB) in Aachen darunter befinden. Die IB selbst präsentiert sich als popkulturelle, völkisch-nationalistische Jugendbewegung, will aber angeblich mit Neonazis gar nichts zu tun haben. Der Verfassungsschutz beobachtet die als rechtsextrem eingestufte IB dennoch.

 

Drogenkonsum verpönt

Da Drogenkonsum in der Neonazi-Szene und der Handel mit Betäubungsmitteln üblicherweise verpönt sind, ist seit der Razzia in Aachen unter Szenenvertretern in den sozialen Medien ein Streit ausgebrochen. Während manche die „Kameraden“ nach der überraschenden Razzia harsch angreifen und ihnen vage Sanktionen aus Szenenkreisen androhen, beleidigen andere wiederum diese Kritiker der „Kameraden“ in Aachen aufs Übelste. Offenbar ist das in jenen Kreisen zelebrierte Bild der – vermeintlichen – Kameradschaft derzeit erheblich gestört dank der Vorfälle in Aachen-Brand.

 

Nicht unbedeutend dürfte bei der Debatte sein, dass Familienmitglieder von Timm und Robert M. seit Jahren oft als Kader und Funktionäre aktiv und gut vernetzt sind. Denn auch Robert M. ist seit langer Zeit in der rechtsextremen Szene im Rheinland aktiv. Er nahm nach Recherchen dieser Zeitung an verschiedenen Aufmärschen teil, wie ein klassischer Neonazi sah er dabei nie aus.

 

Nachdem er vor Jahren die Region verließ und in Niedersachsen lebte, schloss er sich der „Identitären Bewegung“ (IB) an. Seitdem er vor einiger Zeit wieder in Aachen ansässig wurde, waren er und ein dritter Bruder führend in den Aufbau einer „Ortsgruppe Aachen“ der IB involviert.