Ein Veranstaltung von Rheinhessen gegen Rechts in Worms beschäftigte sich heute mit quasi über Nacht zu Neonazis gewordenen Jugendlichen. Solche Fälle kommen sicherlich vor, gerade dort, wo eine rechtsradikale Subkultur auch für vergleichsweise unpolitische Jugendliche attraktiv ist, die über die subkulturelle Szene erst Kontakt mit Elementen nazistischer Ideologie finden.
Dies in den Vordergrund der Betrachtung zu tragen, verstellt jedoch völlig den Blick auf den tief in der Gesamtgesellschaft verankerten Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus. Es ist eben nur ein Randphänomen, dass Jugendliche plötzlich von einer "sektenartig" organisierten rechten Szene "verschluckt" werden. Viel häufiger ist es, dass Ressentiments gegen Juden, Türken, Amis, Polen oder Schwarze schon beim Abendessen, in der Kneipe oder im Fußballstadion gepflegt wurden.
Diese leider typische Leerstelle findet ihren ideologischen Überbau in der unwissenschaftlichen Extremismusdoktrin, die wiederum - auch in Worms - von der selbsternannten "bürgerlichen Mitte" genutzt wird, um sich linker Kritik am politischen Normalzustand zu entledigen, indem sie mit neonazistischer Ideologie in ein- und denselben Topf geworfen wird. Entsprechend steht der Solidaritätsaufruf von Rheinhessen gegen Rechts unter dem Titel "Gemeinsam für Worms".
Solch selektive, den Blick verstellende Kritik ist unseres Erachtens im Kampf gegen Rechts kontraproduktiv, weshalb wir uns auch künftig herausnehmen werden, uns daran abzuarbeiten und unsere Position entgegenzustellen. Nicht mehr und nicht weniger. Denn wie auch bei verkürzter, personalisierender Kapitalismuskritik gilt auch hier, dass unzureichende Kritik völlig in die Irre führen kann.