Aktuelle Informationen von Yusuf Tas zu seinem Hungerstreik (19.04.2017)
Yusuf Tas ist aktuell in der JVA Heimsheim inhaftiert und befindet sich seit dem 31. März im Hungerstreik, um dafür zu kämpfen auf türkisch Briefe schreiben und in seiner Sprache telefonieren zu dürfen. Des Weiteren ist seit beinahe 2 Monaten der Kontakt zu seiner Außenwelt erheblich eingeschränkt: Weder zu seinen Anwälten noch zu seiner Familie konnte er seit seiner Verlegung von der JVA Stammheim in die JVA Heimsheim Ende Februar Kontakt aufbauen. Ebenso wurden diverse Erklärungen und Briefe, die an die Presse geschickt wurden aufgehalten und verhindert. Wir veröffentlichen hier einen Brief von ihm mit aktuellen Informationen zu seiner Situation.
Arztgespräche laufen immer nach Schreiben von Anträgen. Aber seit 10 Tagen und nach 2 Anträgen bewegt sich nichts. Heute ist mein 21. Tag und noch kein Ton von einem Arzt. Seit Anfang des Hungerstreiks nehmen sie mich je nach Lust nach 3-4 Tagen zum wiegen und Blutdruck messen.
Obwohl ich am Anfang eigentlich keinen fremdsprachigen Brief schreiben und erhalten darf wurden jetzt ein paar meiner türkischen Briefe gesendet und ich habe einen vor 2 Wochen im Inland verschickten türkisch geschriebenen Brief und eben so habe ich gestern einen türkisch geschriebenen Brief von Tayad aus der Türkei erhalten.
Dies ist eigentlich die all zu natürlichste Sache für die anderen Gefangenen.
Beim letzten Gespräch mit der Anstaltsleitung am 30. März sagte man „Zahlen Sie den Dolmetscher dann für Ihre Briefe?“. Wenn man nur von Ausbeutung denkt, dann denkt auch daran, dass der Dolmetscher Geld kosten wird. Profit durch Arbeit im Anstalt, Profit durch Telekommunikation, Profit durch Einkaufsmonopole, Profit durch alles. Wenn man auch mindestens ein wenig Profit von den Gefangenen haben könnte von den Gefangenen- & Menschenrechte, dann hätte man das auch problemlos akzeptiert.
Menschlicher Profit wir Würde, Gewissen, Gerechtigkeit ist uninteressant.
Aktive Kontakte und wahre Antworten an meine Rechtsanwälte wurden verhindert. Ich bin nicht sicher, ob meine Anwälte meine Briefe bekommen oder ich von Ihnen. Telefonieren durfte ich noch immer nicht. Und wenn die Anwälte anrufen wird ihnen die Wahrheit nicht gesagt, sondern sogar „Lügen erzählt“. (Wie „dass ich den Hungerstreik beendet habe, und alles in Ordnung ist“).
Bis ich den ersten Besuch und das erste Telefonat durchführen kann, kann ich nicht sicher sein, ob irgendein hinterhältiges Hindernis dazwischen steht.
Heute ist der 19. April. Seit fast 2 Monaten habe ich fast keinen Kontakt zur Außenwelt. Kein Besuch, Kein Telefonat, keine aktive Kontakte mit meinen Anwälten.
Nicht mal bei meiner Festnahme hat es so viele Rechtswidrigkeiten gegeben und ich bin seit 4 Jahren in Haft, im selben Land und selben Bundesland!!!
Meine Sprache ist mein RECHT. Manche wissen das, manche werden es noch lernen; Rechte lassen sich nicht so einfach beschlagnahmen.
Ich umarme euch so fest wie unsere Hoffnung und unser Widerstand.
Grüße
Yusuf Tas
Schreibt Yusuf
Yusuf Tas
Mittelberg 1
71296 Heimsheim
1.Brief von Yusuf Tas
Yusuf Tas befindet sich seit dem 30. März im Hungerstreik. In einem Brief erklärt er seine Gründe.
Lieber …,
Wir haben schon lange nicht geschrieben, aber wie ich beim ersten Brief schon geschrieben habe; wir haben immer von uns gehört. Jetzt fragst du dich bestimmt welcher erste Brief. Gleich wirst du eine Antwort finden.
Am 24. Februar bin ich in die JVA Heimsheim verlegt worden. Gleich bei der Ankunft bin ich in eine geschlossene Abteilung gebracht worden. Mir wurde nichts gesagt, aber es gab auch nichts zu sagen, weil hier wussten sie auch nicht was sie mit mir machen werden. Dann ist der Anstaltsleitung eine „super“ Idee eingefallen:
„Kein Kontakt zur Außenwelt, sogar sein Anwalt; bis er es selber merkt!“
Ich dachte am Anfang, na gut, kann passieren. Bin ja kein normaler Verurteilter, politische Gefangene werden immer mit Besonderheiten in ihrer Umgebung konfrontiert. Und deswegen bin ich erstmal für ein paar Tage in dieser Abteilung, dann wird sich alles normalisieren (!).
Die Abteilung, in der ich mich befinde ist eine so genannte „Bewährungsabteilung“, aber die Gefangenen nennen sie „Absonderung“. Eine Abteilung in der manche Gefangene durch Disziplinarmaßnahmen für 3 bis 6 Monate (manchmal mehr) in eine besonders beschränkte Abteilung bleiben müssen.
Gleich über das Wochenende habe ich mich bei den Gefangenen erkundigt, weil die Beamten keine Antworten haben; für Besucher, TV, Telefonieren usw. nötige Anträge geschrieben und abgegeben.
Dann habe ich diese Zeit genutzt, um Briefe zu schreiben. Seit langer Zeit wollte ich nach Änderungen Briefe schreiben. Und endlich ist das ja eine Änderung. Über 20 Briefe (darunter auch dein erster Brief) habe ich geschrieben. Bis hier ist alles wie üblich.
Mit der Zeit (bis heute) erfahre ich aber das irgendeine Art „Selbstjustiz“ gegen mich geführt wurde:
Briefe: türkische Briefe wurden nicht gesendet, die gekommen sind, wurden mir nicht gegeben. DAS ERFAHRE ICH NACH 3 WOCHEN!
Besucher: Keinem wurden bis zum 30. März eine Genehmigung gegeben. DAS ERFAHRE ICH NACH 34 TAGEN!
Briefe an meinen Anwalt: Sie wurden nicht gesendet und mir zurückgegeben. NACH 20 TAGEN!
Nochmal Briefe: Deutsch geschriebene Briefe (manche) wurden mir zurückgegeben, weil sie zugeklebt waren (!). Sie sollen offen gesendet werden. Seit 4 Jahren sende ich meine Briefe offen. Warum gerade jetzt und die Briefe?
Telefonieren: Am Anfang bekam ich keine bestimmte Antwort. Ich war sogar überrascht, warum es so lange gedauert hat. (Nicht ich, sondern die Anstaltsleitung.) Dann keine Antwort. Erst auch nach 34 Tagen eine Zulassung, aber bis jetzt ist nichts passiert.
Nach all dem Geschehenen wollte ich mein Anwalt anrufen; aber auch keine direkte Antwort. Ignoriert.
Am 30. März habe ich die Anstaltsleitung und den Sicherheitsdienst zu einer Sitzung eingeladen. Mir wurde gesagt, dass in den nächsten Tagen sich alles normalisieren wird, bis meine Schriftsprache sind ändert.
Ich darf trotz, dass ich bei Besuch oder Telefonaten türkisch spreche (oder besser gesagt sprechen werden),
trotz, dass ich kein Deutscher bin,
trotz, dass fast meine ganze Familie in der Türkei und außerhalb Deutschland lebte,
trotz, dass ich bis jetzt seit 4 Jahren dieses Problem nie hatte,
darf ich keine türkischen Briefe schreiben oder erhalten.
Das habe ich mit all diesen „Absurd“lichkeiten der Anstaltsleitung erklärt. Ber als Antwort sagten sie: „Ein Dolmetscher kostet Geld!“
Obwohl hier fast jeder in seiner Sprache schreibt und Briefe bekommt (auch auf türkisch).
Das hat sie nicht überzeugt und sie bestehen darauf, dass ich nur Deutsch schreibe.
Dann habe ich auf deutsch ihnen gesagt, dass ich bis ich in meiner Sprache schreiben, lesen und Briefe bekommen werde ich in einen Hungerstreik trete.
Jetzt warten wir.
Lieber …, seit dem 30. März bin ich im Hungerstreik. Seit meiner Verlegung habe ich keinen Besuch oder direkten Kontakt mit meinem Anwalt, ich konnte auch meiner Familie nicht richtig schreiben (weil die Briefe angehalten wurden) und sie benachrichtigen.
Warum? Weil die JVA Heimsheim die Sicherheit hunderter Krimineller vor mir schützt.
Es gibt noch viel zu erzählen, vielleicht das nächste Mal und auf türkisch.
Bis dahin.
Viele Grüße an dich und alle Freunde.
Bis gleich
Yusuf
P.S.: Der erste Brief war auf Deutsch nur als Anhang habe ich eine Kopie des Briefes, den ich an die taz schickte, beigelegt und der war auf türkisch. Deswegen.
Yusuf Tas
c/o JVA Heimsheim
Mittelberg 1
71296 Heimsheim
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