Abseits von Krawallen: Die Normalität von Connewitz

Erstveröffentlicht: 
18.03.2017

Wenn der Leipziger Stadtteil Connewitz in den Schlagzeilen steht, geht es meist um Krawalle. Am  Connewitzer Kreuz kommt es immer wieder zu Ausschreitungen von Linksautonomen – und auch von der politischen Gegenseite: Im Januar 2016 griffen über 200 Hooligans und Neonazis Connewitz an und verwüsteten Dutzende Geschäfte. Im Stadtviertel entladen sich immer wieder Spannungen. Wie lebt es sich in Connewitz?

von Luisa Wawrzinek

 

Fährt man durch Connewitz, sieht man belebte Straßen. Familien essen Eis. Punks stehen mit Hunden vor dem Supermarkt. Rentner gehen in kleine Läden, die es schon ewig zu geben scheint. Es gibt verschrobene Kneipen, Antifa-Flaggen, Wände voller Graffiti, und Wände voller Schmierereien. Das Viertel lebt. 

 

Vorurteile gegen alternative Lebensformen


Im Werk II, einem Gebäudekomplex für Veranstaltungen, vollgepackt mit Vereinsbüros und Künstlerateliers, arbeitet der Leipziger Karikaturist Schwarwel. Er kennt das Viertel schon seit seiner Kindheit und findet das Vorurteil absurd, dass es in Connewitz ständig Gewalt geben würde: "Als ob hier Linksradikale am Ortseingang stehen würden und jeden verprügeln, der nicht in ihr Raster passt! Das ist ein ganz normales Stadtviertel. Nur, dass der Anteil an Leuten, die ein anderes Lebenskonzept verfolgen, hier etwas höher ist. Leute, die nicht nur aufstehen und arbeiten wollen. Sondern, die was vom Leben haben wollen". 

 

Politisierte Einwohner


Auch wenn Ausschreitungen die Ausnahme bilden: Connewitz ist politisch. Seit den 80er Jahren ist die linksalternative Szene ein wichtiger Bestandteil. So auch der "Rote Stern Leipzig" - ein Fußballverein, der linke Positionen vertritt. Geschäftsführer Adam Bednarsky, der auch Stadtrat der Linken ist, sagt: "Ja, es gibt Randale und Sachbeschädigung an Häusern in Connewitz. Die Frage ist, warum? Connewitz soll nicht kuschelig sein für alle Beteiligten. Zum Beispiel für die, die dort Häuser kaufen und für teuer Geld verkaufen wollen." Sachbeschädigung als Strategie gegen die Gentrifizierung des Viertels Stadt? 

 

Bunt und deshalb anziehend


Tatsächlich wächst Connewitz seit Jahren, und damit steigen auch die Mieten. Vermutlich liegt es daran, dass viele genau die kantigen und besonderen Ecken suchen, wie es sie in Connewitz gibt. Zum Beispiel das "Gasthaus Barrabas", in dem es kein elektrisches Licht gibt, sondern nur Kerzen. "Frau Krause" – die Kneipe in Connewitz. Den Spätshop "Lazy Dog", der für seine veganen Hot Dogs bekannt ist. Das "UT Connewitz", eines der ältesten Lichtspieltheater.

 

"An Connewitz ist so besonders, dass Alt und Jung gemeinsam wohnen, und jeder nach seiner eigenen Lebensphilosophie leben kann. Leute, die offen sind, sich gegenseitig respektieren.", sagt Thomas Noack, Vorstandsvorsitzender des UT Connewitz. Einer der Ur-Connewitzer, René Seyboth, glaubt, dass es in Connewitz eine besondere Atmosphäre gibt: "Die Leute hier sind entspannter. Nicht so förmlich. Und das ist auch gut so.", sagt René Seyboth.