Auch ein Polizeiwagen zum Schutz von Bürgermeister Scholz war angesteckt worden. Bekennerschreiben im Internet aufgetaucht.
Hamburg. In der Nacht hat es zwei Brandanschläge auf Polizeiwagen gegeben. Um 2.45 Uhr brannte zunächst in Altona-Altstadt ein Mercedes Sprinter komplett aus. Der Vorfall ereignete sich in unmittelbarer Nähe des Wohnorts von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Nach Angaben der Polizei handelt es sich bei dem ausgebrannten Fahrzeug um einen Bereitschaftswagen, der dort zum permanenten Schutz des Bürgermeisters positioniert war.
Am Freitagmorgen sicherten Brandermittler Spuren am zerstörten Wagen. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Polizei sucht nun nach Zeugen.
Hotel musste evakuiert werden
Der Mercedes Sprinter stand vor der evangelischen Kirche St. Petri gegenüber eines Hotels. Nachdem Unbekannte das Fahrzeug im vorderen Bereich angezündet hatten, war die Hitzeentwicklung so groß, dass Teile der Hotel-Markise und das Hotelschild schmolzen. Das Hotel wurden während der Löscharbeiten evakuiert, die Gäste im Hinterhof in Sicherheit gebracht. Verletzt wurde niemand. Auch ein in der Nähe geparkter VW Bus wurde durch die Hitzeentwicklung beschädigt.
Beamte der Bereitschaftspolizei hatten laut Polizeiangaben am frühen Freitagmorgen einen lauten Knall gehört. "Die Beamten stellten kurz darauf fest, dass ihr unmittelbar zuvor in der Schmarjestraße abgestellter Mannschaftswagen im Bereich des Motors brannte", teilte die Polizei am Freitagmittag mit.
Linksextremisten bekennen sich zu Brandanschlägen
Unterdessen hat sich eine Gruppierung namens FfdP in einem auf der linken Internet-Plattform Indymedia veröffentlichten Schreiben mit der Überschrift "In Hamburg sagt man tschüss – auch zu Bullenkarren" zu den Brandanschlägen bekannt. Die Verfasser verweisen darin explizit auf zwei Demonstranten, die während des G20-Gipfels in London 2009 und während des G7-Gipfels in Genua zu Tode gekommen waren. Sie beziehen sich zudem auf eine angebliche Äußerung des GdP-Vorsitzenden Gerhard Kirsch, der als Reaktion auf die schweren Ausschreitungen im Schanzenviertel am 21. Dezembert 2013 gesagt habe: "Das nächste Mal schießen wir scharf!" Damit solle, so die Verfasser, rechtzeitig klar gemacht werden, "dass im Falle eines Kontrollverlustes während des G20-Gipfels tote Demonstrant_innen nicht auszuschließen sind."
Die GdP sei zusammen mit der Deutschen Polizeigewerkschaft der "politische Arm der Bullen", heißt es weiter. "Die Gewerkschaft der Polizei hat nun ein Fahrzeug weniger, das die Bullen während des Gipfels mit Kaffee versorgt. Und es gibt nun eine Wanne weniger, die sich uns oder anderen in den Weg stellen kann oder unsere Lebensräume kontrolliert." Das Bekennerschreiben endet mit dem Satz: "Vor dem Gipfel, während des Gipfels, nach dem Gipfel: Gegen Staat, Kapitalismus und jede Autorität!"
"Wir sind Opfer eines feigen Anschlages"
Nach dem Anschlag auf das Auto der Scholz-Bewacher brannte nur zehn Minuten später, gegen 2.55 Uhr, ein Wagen in Alsterdorf an der Hindenburgstraße aus – in Sichtweite des Polizeipräsidiums. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Mercedes Viano der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der GdP-Ladesvorsitzender Gerhard Kirsch reagierte betroffen.
"Wir sind Opfer eines feigen Anschlages krimineller Gewalttäter geworden", sagte er dem Abendblatt. "Warum diese sich ausgerechnet das Fahrzeug einer DGB-Gewerkschaft als Anschlagsziel ausgesucht haben, erschließt sich mir überhaupt nicht." So etwas habe es bisher in Hamburg nicht gegeben. Das Auto – ein Mercedes Vito, erst im Vorjahr angeschafft – sei vorne komplett ausgebrannt. "Der Schaden liegt bei mindestens 40.000 Euro", so Kirsch weiter.
Klare Worte findet auch Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion: "Gewalt gegen die Polizei ist Gewalt gegen uns alle. Wenn im Rahmen des G20-Gipfels Linksextremisten und andere Gewalttäter ganz Hamburg terrorisieren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass unsere Polizei nicht der Leitragende ist." Alle Hamburger und alle friedlichen Gäste müssten während des Gipfels sicher sein. "Dafür müssen schon jetzt ausreichend Polizeikräfte aus anderen Bundesländern angefordert werden", fordert Gladiator.
"Militanten Täter schrecken vor nichts zurück"
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) verurteilt die Brandanschläge auf Polizei- und Gewerkschaftsfahrzeuge ebenfalls aufs Schärfste. "Diese militanten und gefährlichen Täter schrecken vor nichts zurück", sagte Joachim Lenders, Landesvorsitzender der DPolG Hamburg. Fahrzeuge oder Gebäude von Polizeigewerkschaften anzugreifen, sei beschämend, feige und hinterhältig. "Offensichtlich versucht man bereits jetzt im Vorfeld des anstehenden G20-Gipfels Hamburger Polizeibeamte auf hinterhältige und feige Art einzuschüchtern." Wer diese Schwelle überschreite, schrecke auch nicht davor zurück, Gewalt gegen Menschen auszuüben.
Lenders gibt zu bedenken, dass es nicht auszuschließen sei, dass es im Vorfeld des G20-Gipfels weitere Anschläge geben werde. "Aus diesem Grund fordern wir eine frühzeitige und nachhaltige Unterstützung aus den Polizeien anderer Bundesländer und der Bundespolizei", sagte er. Denn die Hamburger Polizei werde die diversen Objektschutz- und Sicherungsmaßnahmen nicht aus dem eigenen Personalbestand bewältigen können. Lenders: "Der G20-Gipfel ist keine Hamburger, sondern eine bundesweite sicherheitspolitische Herausforderung."
Polizei sucht nach Zeugen
Bereits im August 2016 hatten "Anarchisten" auf der linken Internet-Plattform Indymedia zu "Wut und Zerstörung" im Vorfeld des G-20-Gipfels am 7. Und 8. Juli aufgerufen. "In Hamburg und in jedem Dorf sind unendlich viele Ziele zum Zerstören geeignet, wir sollten jetzt damit anfangen", hieß es. Endformel: "Hamburg ins Chaos stürzen!" Mitte September dann steckten Unbekannte auf dem Grundstück von Polizeidirektor Enno G. zwei Autos an. In einem Bekennerschreiben hieß es unter anderem: "Der Boss der Polizei Region Mitte, Enno Treumann, wird in der Zeit des G20 Gipfels mit operativen Aufgaben betreut. Die Häuser und Autos der Polizeiführer sind für uns legitime Ziele."