Steine auf Moschee – Türkisch-Islamische Gemeinde unter Schock

Mehrere Scheiben wurden wieder eingeschlagen.
Erstveröffentlicht: 
24.05.2010

Rechtsradikale oder Randalierer?

Steine auf Moschee – Türkisch-Islamische Gemeinde unter Schock

Zum zweiten Mal innerhalb eines Monats sind Scheiben der Alperenler-Moschee in Rheinfelden mit Steinen eingeworfen worden. Die Polizei geht zwar nicht von rechtsradikalen Motiven aus – doch die Gemeindemitglieder sind verunsichert.

 

RHEINFELDEN. Die Türkisch-Islamische Gemeinde ist schockiert, nachdem in der Nacht von Freitag auf Samstag Unbekannte mehrere Scheiben der Alperenler-Moschee in Rheinfelden zerschlagen haben. Dies ist der zweite Vorfall in diesem Monat. Anfang Mai hatte es zudem Hakenkreuz-Schmiereien an der Fassade gegeben, weshalb über einen rechtsradikalen Hintergrund spekuliert worden war. Dieses Mal gab es keine Schmierereien, dafür allerdings eine "Schneise der Verwüstung", wie es die Polizei ausdrückte, die davon ausgeht, dass es sich um die Tat von Randalierern handeln könnte.
"Mit großer Brutalität wurden Scheiben an Türen und Fenstern der Moschee eingeschlagen. Die Steine flogen teilweise weit in den Raum hinein", berichtet Werner Ross, der Vorstand des Christlich-Islamischen Vereins, der am frühen Samstagmorgen von der Moschee über den erneuten Anschlag unterrichtet worden war. Der Schock bei den Vorständen der Moschee sitze tief, so Ross. "Sie sind betroffen und ratlos." Es gebe ein großes Gefühl der Beklemmung und Sorge. Man wisse nicht, ob es sich um Böswilligkeit einzelner, einfach um Krawall oder um eine Feindschaft handle. Die muslimischen Mitbürger fühlten sich durch die Anschläge auf ihr Gotteshaus auch persönlich angegriffen.

Die Ermittlungen zum ersten Anschlag dauern noch an

Bereits in der Nacht vom ersten auf den zweiten Mai waren Scheiben eingeworfen und Hakenkreuze auf die Fassade geschmiert worden (wir berichteten). Auf einer Wand stand "Sieg". Da man eine Tat aus ausländerfeindlichen Motiven nicht ausschließen konnte, nahm die Kriminalpolizei der Polizeidirektion Lörrach die Ermittlungen auf, die noch andauern.

Auch am Samstag war die Polizei vor Ort, um die Schäden zu begutachten. Oliver Graf, Dienstgruppenleiter des Polizeireviers Rheinfelden teilte auf Anfrage der Badischen Zeitung mit, dass es in dieser Nacht von Rheinfelden bis Riedmatt eine Vielzahl von Sachbeschädigungen gegeben habe. "Tendenziell sieht es eher nach Chaoten aus, die wahllos beschädigt haben, woran sie vorbeigekommen sind", sagt er. In der Nacht zum Sonntag wurden in der Zeit von ein bis fünf Uhr in Rheinfelden-Riedmatt mehrere Fahnen entwendet. Danach verwüsteten die Täter einen Zierbrunnen und ein Blumenbeet vor einer Gaststätte, in dem Blumen sowie Stromkabel herausgerissen wurden. In der Beuggener Straße wurde ein Verkehrszeichen demoliert. Die Polizei vermutet, wie sie in einem Pressebericht schreibt, dass alle diese Beschädigungen – auch die an der Moschee, von den gleichen Tätern vorgenommen worden sind.

Ist ein stärkerer Polizeischutz nötig?

Für Imam Ömer Sengün und den Vorstand der Türkisch-Islamischen Gemeinde ist das wenig Trost. "Die Steine sind von der gleichen Stelle aus geworfen worden wie beim letzten Mal", lässt der Vorbeter übersetzen. Er geht davon aus, dass es sich möglicherweise doch um Absicht gehandelt hat. Sengün, der selbst eine Wohnung im Gebäude hat, die allerdings auf der anderen Seite liegt, ist auch um die eigene Sicherheit besorgt. Er fordert von der Polizei mehr Schutz für die Moschee, stellt sich etwa vor, dass nachts häufiger eine Streife vorbeikommt.

Neben der reinen Sachbeschädigung, so argumentiert Adem Dursun, der erste Vorsitzende der Türkisch-Islamischen Gemeinde, sehe man die Angriffe auf die Moschee auch als Angriff auf den Glauben, auf das Gemeinschaftsleben und auf die Freundschaft zwischen Muslimen und Christen. Er wünscht sich, dass zum nächsten Tag der Offenen Tür in der Alperenler-Moschee, der zweiten traditionellen Familienfeier vom 4. bis 6. Juni, möglichst viele Menschen vorbeikommen, um sich solidarisch zu zeigen und auch das Angebot des Kennenlernens zu nutzen.

Christlich-Islamischer Verein bittet um Spenden

In den Pfingsgottesdiensten der christlichen Kirchen wurde der Anschlag ebenfalls thematisiert. Pfarrer Ivo Bäder-Butschle berichtet, dass in seiner Gemeinde "mit großer Betroffenheit reagiert" wurde. Etwa 90 Euro wurden für die Moschee gesammelt und ein Solidaritätsschreiben verfasst.

Der Schaden des ersten Anschlags wurde vom Vorstand der Moschee auf 4000 bis 5000 Euro benannt. Kaum waren die neuen Scheiben eingesetzt, sind sie nun wieder kaputt. Der neue Schaden wird auf deutlich über 5000 Euro geschätzt. Der Christlich-Islamische Verein bittet zur Deckung der Unkosten um Spenden für die Moschee. Diese können auf das Konto des CIVH bei der Sparkasse Lörrach-Rheinfelden, BLZ 683 500 48, Konto-Nummer 209 5057 unter dem Stichwort: "Moschee" abgegeben werden.

 


 

Kommentar: Moschee-Anschlag – wieder mehr Vertrauen nötig

Die Mitglieder der Türkisch-Islamischen Gemeinde in Rheinfelden stehen nach dem zweiten Anschlag auf ihre Moschee unter Schock. Die Hintergründe sind zwar noch völlig unklar – doch helfen kann nun vor allem eines: Dialog.

Für Außenstehende mag es einen Unterschied machen, ob die Tür- und Fensterscheiben in der Alperenler-Moschee mit einem vorsätzlichen Motiv oder aus reiner Zerstörungswut eingeworfen wurden, und ob es sich um die gleichen Täter wie beim letzten Mal handelt, oder nicht. Für die Mitglieder der Türkisch-Islamischen Gemeinde steht dagegen der Angriff auf ihr Gotteshaus, auf ihren Glauben und auf die Freundschaft im Mittelpunkt. Die Anschläge treffen die Gemeindemitglieder hart. Zum einen finanziell, doch viel schwerwiegender sehen sie den Schaden, den das Vertrauen in offenen Umgang und freundschaftliches Zusammenleben erlitten hat. Dass sogar von Angst gesprochen wird, zeigt, wie groß die Verunsicherung ist. Und beweist auch, wie wichtig es ist, dass die Täter gefunden werden. Und auch, wie wichtig der Dialog zwischen Christen und Muslimen ist. Man darf dem Zusammenleben in Rheinfelden nur wünschen, dass die Moschee nach den Schocks des Mais im Juni viele Besucher bei ihren Tagen der Offenen Tür haben wird.