Potsdam: Adbustings zu sexistischer Werbung in der Frauenwoche

Rathaus

Wer heute durch Potsdam geht, wird sie unschwer übersehen: Über Nacht haben sich einige Werbetafeln verändert. Statt wie immer die übliche sexistische Werbung unkommentiert zu zeigen, ist diese nun mit ergänzenden Überklebern versehen. „Wir hatten echt kein Bock mehr, uns den ganzen sexistischen Kackscheiß jeden Tag aufs Neue anzutun!“ sagte Erna, die Initiator*in der Aktion Selbstbestimmte Werbevitrinen für Emanzipation und Herrschaftsfreiheit (SWfEuH)“ und selber Werbevitrine, die oft unter sexistischer Werbung leiden muss.


Beitrag der Werbung zur Potsdamer Frauenwoche
Anlässlich des Frauenkampftages am 8. März ist in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam Frauenwoche. Unter dem Motto „Frauen Macht faire Chancen“ wird mit vielen Veranstaltungen auf die leider weiter bestehenden Diskriminierungen von allem, was nicht männlich, weiß und heterosexuell ist, hingewiesen. Ein besonderes Highlight ist dabei die Ausstellung „Wer braucht Feminismus?“ im Rathaus. Die Angebote scheinen derart überzeugend zu sein, dass sich in der Nacht vom 11. auf den 12.3.2017 einige Werbetafeln in der Potsdamer Innenstadt der feministischen Bewegung anschlossen und mittels Überkleber auf sexistische Werbung aufmerksam machten.

Rathaus
Mit dabei sind zwei Werbetafeln am Rathaus. Auf einer Werbung für Parfüm fragt der abgebildete Frauenkopf nun: „Warum sind Frauenkörper nur Eyecatcher?“ Gegenüber zeigte eine Werbetafel ursprünglich Werbung für ein Einkaufszentrum und bildete dabei eine weiße Klischee-Kleinfamilie ab. Die Werbetafel schloss sich dem Protest an und ergänzte sich dazu um einen Überkleber. Statt „Generation Stern-Center“ lautet der Slogan nun „Generation Patriarchat“ und „Unsere Werbung: Sexistisch“.
 
Platz der Einheit
Auch am Platz der Einheit drei Werbevitrinen offensichtlich unzufrieden mit den Werbekampagnen ihrer Mieter*innen. Die Werbung für das Einkaufszentrum änderte sich auf „Generation Sexismus“   und wahlweise „Unsere Mode: Rock und Hose“ oder „Boys in blue. Girls in pink“. Eine weitere Variante ergänzte sich um eine Sprechblase. Eine der weiblich gelesenen Personen kommentiert das Plakat nun mit den Worten: „Gut, dass ich diese Show nur für‘s Bild ertragen muss...“.

Bildungsforum
Am Bildungsforum veränderte sich u.a. eine Werbung für Zigaretten. In der ursprünglichen Version zeigt das Plakat eine männlich gelesene Person, die in mackriger Pose neben einem Motorrad sitzt. Die Schrift lautete „1 Bike. 3 Stunden Tuning. 5 Minuten Freiheit“. Nun steht dort: „1 Bike. 3 Stunden Tuning. Alle Klischees bedient“ und „Geschlechter-Stereotype überwinden!“ Die bereits oben beschriebe Parfümwerbung ergänzte sich über Nacht um die die Abbildung kommentierende Frage: „(Warum) haben Frauen keine Achselhaare?“ Die Werbung für eine Internet-Partner*innenvermittlung hatte auch keine Lust mehr auf die Reproduktion sexistischer Wahrnehmungsmuster. Dem Kommentar „Ein Ausschnitt sexistischer Kackscheiße“ ist wohl nichts hinzu zu fügen.

Nachtrag: Blöde Geschichte am Schloss/Landtag
Viel Glück hatte die Aktion Selbstbestimmte Werbevitrinen für Emanzipation und Herrschaftsfreiheit (SWfEuH) am als Brandenburgischer Landtag genutzten Potsdamer Stadtschloss. Hier fiel der Aktionsgruppe ein vom Platz der Einheit zunächst mit Blaulicht heranrasender Streifenwagen auf. Beim Einfahren auf die Straßenbahnspur schalteten die Beamt*innen das Blaulicht ab. Das Muster der sogenannten Stillen Fahndung erkennend, setzen sich die heimlichen Werbevitrinen-Veränderer*innen unauffällig ab.

Unbeteiligte von Polizei behelligt
Weniger Glück hatten Passant*innen, die neugierig vor den Werbevitrine stehen blieben. Als der Streifenwagen die Personen erreichte, versuchten die Beamt*innen vermutlich, sich diese vorzuknöpfen. Das führte dazu, dass die Personen versuchten, wegzurennen (wir wollen gar nicht darüber spekulieren, wieso, es gibt genug gute Gründe, warum man in einer Samstag Nacht keine Lust auf Polizei haben könnte, und eine Menge davon sind erst mal sympathisch...). Leider scheint die Streifenwagenbesatzung mindestens eine Person gestellt zu haben.

Bitte um Verständnis
Wir haben das Geschehen nicht weiter verfolgt und die Gunst der Stunde genutzt, dass die Cops mit irgendwelchen Leute beschäftigt sind, um ein paar Meter zwischen uns und das Geschehen zu bringen. Wir möchten dafür auf diesem Wege für Verständnis bitten. Falls irgendwelche Leute da draußen jetzt Stress wegen uns haben sollten, meldet euch bitte bei unserer Mailadresse (swfeuh@riseup.net). Wenn ihr nicht gerade Nazis seid, und sie euch jetzt nicht ausgerechnet wegen Nazikram Ärger machen, bemühen wir uns, bei dem Tragen der Folgen einen Beitrag zu leisten.

Aktion Selbstbestimmte Werbevitrinen für Emanzipation und Herrschaftsfreiheit (SWfEuH)