Herr Fiechter, warum sagen Sie als Mitorganisator die Demonstration «Wir sind direkte Demokratie» vom 18. März plötzlich ab?
Nils Fiechter: Es ist zunehmend deutlicher geworden, dass linksextreme Terroristen, wie ich sie nenne, diese Kundgebung verhindern wollten. Die Bedrohungslage hat ganz krasse Ausmasse angenommen, die ganze Stadt Bern ist voll mit Plakaten.
Aber die Stadt Bern hat die Verantwortung für die Sicherheit Ihrer Veranstaltung übernommen.
Auf der einen Seite hat Reto Nause,
Sicherheitsdirektor der Stadt Bern, uns die Garantie gegeben, dass die
Sicherheit gewährleistet werden kann für unsere Veranstaltung. Auf der
andern Seite liest man Interviews in der Sonntagspresse, in denen Reto
Nause sagt, dass es bei der Gewaltbereitschaft der Linksextremen sogar Tote geben könnte.
Ein Widerspruch.
Ja. Aber letztendlich sind wir einfach zum Schluss gekommen: Es würde an
diesem 18. März sehr viele Leute in Bern haben, Passanten, Touristen,
auch Polizisten, die keine bösen Hintergedanken haben, und dann stossen
diese Leute auf kriegsähnliche Zustände. Die Kundgebung abzusagen, ist
ein Vernunftentscheid. Wir haben diesen Entscheid schon vor einer Woche
gefällt, ihn aber erst am Mittwoch kommuniziert, weil wir zuerst
Lieferanten und alle Beteiligten informieren mussten.
Sind Sie, Herr Fiechter, in den Wochen auch persönlich angegriffen worden?
Physische Angriffe hat es glücklicherweise bis jetzt nicht gegeben.
Massive Drohungen aber schon. Am Mittwoch zum Beispiel habe ich neun
Pizzas, neun Dürüms und drei Flaschen Wein nach Hause geliefert
bekommen. Sehr wahrscheinlich waren das linksextreme Chaoten, die mich
ein wenig piesacken wollten. Man merkte einfach, dass sich da etwas
zusammenbraut.
Mich erstaunt, dass Sie das erst jetzt gemerkt haben. Die
Gegendemonstration war schon seit geraumer Zeit unter dem Titel
«Welcome to hell» angesagt.
Aber man hat erst in den letzten zehn Tagen in aller Deutlichkeit
gesehen, zu wie viel Gewalt die linken Chaoten fähig sind. Bei der Räumung des besetzten Hauses an der Effingerstrasse und den Demonstrationen vor der Reitschule gab es mehrere verletzte Polizisten. Das machte uns schon Sorgen, weil klar wurde, dass da Menschenleben auf dem Spiel stehen.
Aber die Stadt übernahm ja die Verantwortung, indem sie die Sicherheit garantierte.
Es geht uns nicht nur um die Kundgebungsteilnehmer. Wenn man sieht, dass
fünfzig Chaoten reichen, um zehn Polizisten zu verletzen: Was passiert
dann erst, wenn 600 oder 700 Gegendemonstranten aufmarschieren? Und man
muss sich auch die Frage stellen, ob die Stadt Bern seriös kommuniziert
hat oder ob sie sich nicht einzugestehen getraut hat, dass die
Sicherheit nicht gewährleistet ist.
Kritisieren Sie die Stadt Bern?
Nein, überhaupt nicht, wir haben keine Hintergedanken. Wir waren stets
im Gespräch mit der Stadt Bern und sind angetan von der guten
Zusammenarbeit. Wir wollen nichts gegen Herrn Nause oder die Stadt Bern
sagen, aber die Ereignisse der letzten zehn Tage haben uns gezeigt, dass
die Ausgangslage schwieriger geworden ist.
Sie hätten
auch in der Geschichte Anschauungsunterricht gehabt. Bereits 2007
eskalierte eine SVP-Demonstration in üble Strassenschlachten.
Damals war es ein Marsch durch Bern. Jetzt wäre es von der
Sicherheitslage her anders gewesen, weil wir bereit waren, eine
Platzdemonstration durchzuführen. Wir haben sämtliche der zahlreichen
Auflagen der Stadt Bern erfüllt, wir legten elaborierte Sanitäts- und
Sicherheitskonzepte vor.
Dieser Aufwand war vergebens.
Ich glaube nicht. Was sich heute klar zeigt: Die direkte Demokratie
wird, zusammen mit der Meinungsäusserungsfreiheit und zusammen mit der
Versammlungsfreiheit, beerdigt. Es ist ein schwarzer Tag für unser Land.
Jetzt ist ganz wichtig, dass eine Grundsatzdiskussion über die
Grundwerte unserer Gesellschaft in Gang kommt. Wie kann man
gewährleisten, dass in Zukunft Linksextremisten nicht mehr zu Gewalt
aufrufen und eine Kundgebung verhindern können?
Was schlagen Sie vor?
Eine Idee ist, dass man linksextreme Organisationen verbieten würde.
Das schlug ja auch Reto Nause vor.
Genau. Ein weiterer Schritt aus unserer Sicht wäre die Schliessung der
Reitschule, weil davon ein massives Gewaltpotenzial ausgeht. Wichtig
ist, dass auch die Medien das aufgreifen und zum Thema machen. Es
darf nicht sein, dass linksextreme Gruppierungen die Deutungshoheit über solche Fragen übernehmen. (Berner Zeitung)
(Video mit Geheule von Nils Fiechter (Anmelder der Demo) auf BZ Bern)