Vor der geplanten Neonazi-Demonstration am 18. März im Leipziger Süden wirbt die Antifa via Flugblatt bei der Anwohnerschaft um Mitstreiter. So sollen Bürger ihren Sperrmüll herausstellen, um den Bau von Barrikaden zu erleichtern.
Leipzig. Vor der geplanten Neonazi-Demonstration am 18. März im Leipziger Süden wirbt die Antifa bei der Anwohnerschaft um Mitstreiter. Auf dem linken Szeneportal Indymedia ist jetzt ein Flyer aufgetaucht, der in Briefkästen und Läden verteilt werden soll. Die Initiatoren nehmen darin Bezug auf die Krawalle vom 12. Dezember 2015, als gewaltbereite Linksautonome am Rande eines Aufzugs der rechtsextremen Partei „Die Rechte“ massiv die Polizei attackierten. „Wir möchten Ihnen erklären, wie es dazu nicht noch einmal kommen muss“, heißt es in dem höflich formulierten Schreiben an die Anwohner.
„Mögliche gewalttätige Auseinandersetzungen werden nicht stattfinden, wenn Sie auf der Straße stehen.“ So sollen die Bürger entweder an Blockaden gegen den Neonazi-Aufzug oder an legalen Gegenveranstaltungen teilnehmen. Zudem werden Anrainer aufgefordert, Haustüren zu öffnen, um Antifa-Leuten Rückzugsmöglichkeiten in Hinterhöfe zu ermöglichen. „Helfen Sie Menschen, wenn Sie von Neonazis oder Polizisten angegriffen werden“, fordern sie die Bürger auf. „Sie können auch Ihren Sperrmüll aus dem Keller oder vom Dachboden vorher auf die Straße stellen, damit andere Menschen dies zum Bau von Barrikaden verwenden können, wenn es notwendig sein sollte. So braucht es keine Mülltonnen. Barrikaden verletzen keine Menschen und dienen dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit.“
Die Polizei sieht in dem Flyer der Antifa keine harmlose Charme-Offensive. Für gewaltbereite Linksextremisten gehe es darum, die Arbeit der Polizei zu erschweren, sagte Behördensprecher Andreas Loepki. „Wir sind für sie der Feind.“ Er erinnerte daran, dass vor den schweren Ausschreitungen am 12. Dezember 2015 gefälschte Sperrmüllaufrufe im Leipziger Süden aufgetaucht waren, um arglose Anwohner zu animieren, Material für den Bau von Barrikaden vor das Haus zu stellen.
Damals sei auch zu beobachten gewesen, dass Gewalttäter immer wieder in der Masse Unbeteiligter untertauchen konnten, um wenig später erneut zuzuschlagen, so der Polizeisprecher. Teile der linken Szene bekennen sich schon im Vorfeld dazu, ihren Protest am 18. März nicht nur auf die Rechtsradikalen begrenzen zu wollen. So kursiert etwa ein Aufruf unter dem Motto „Fight Nazis & Cops“. Weil zum Demo-Termin zugleich der Aktionstag für die Freiheit politischer Gefangener begangen wird, gehe man auch auf die Straße, „um unsere Unversöhnbarkeit zu demonstrieren“, heißt es in einer Ankündigung im Netz. Eine Initiative ruft auf zu einer Kundgebung am Abend des 18. März vor der Polizeidienststelle an der Dimitroffstraße. Und auf einem Plakat mutmaßlicher Linksautonomer ist zu lesen: „Freuen Sie sich bei dem Gedanken an den Tag, an dem man als menschliches Wesen die Bullen behandeln kann, die nicht an Ort und Stelle erschossen zu werden brauchen?“
Mithin richtet sich die Polizei auf einen weiteren brisanten Einsatz ein. „Wir müssen mit einem vergleichbaren Szenario wie am 12. Dezember 2015 rechnen“, so Polizeisprecher Loepki. Und das auch unabhängig davon, welche Aufzugsstrecken die Versammlungsbehörde festlegt. Wie berichtet, hat für den 18. März die im Neonazi-Spektrum angesiedelte Partei „Die Rechte“ einen Aufzug mit bis zu 400 Teilnehmern von 13.30 Uhr bis 20 Uhr zwischen Kurt-Eisner-Straße, Karl-Liebknecht-Straße, Arno-Nitzsche-Straße und Zwickauer Straße angemeldet. Dagegen wenden sich zwei linke Demonstrationen mit insgesamt 800 angemeldeten Teilnehmern. Außerdem geplant sind eine Mahnwache vor dem Volkshaus in der Karl-Liebknecht-Straße und eine Kundgebung vor dem Werk II in der Kochstraße.
Der Flyer der Antifa stieß übrigens auch in Neonazi-Kreisen auf Resonanz. Die vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme Vereinigung „Brigade Halle“ versah ihn via Twitter mit einem riesigen Handgranaten-Motiv und kündigte ihr Kommen an.
Von Frank Döring