Brandenburgs Innenministerium weigerte sich beharrlich, Auskunft zu geben - und befeuerte damit Spekulationen. Am Freitag drohte der NSU-Untersuchungsausschuss. Nun kam raus: Der NPD-Politiker Frank Schwerdt spitzelte doch nicht für den Landes-Verfassungsschutz.
Potsdam - Zugetraut wurde es Brandenburgs Verfassungsschutz. Und das beharrliche Schweigen des Innenministeriums in Potsdam und das desaströse Auftreten der Verfassngsschutzes bei der Aufklärung der Brandenburger Verwicklungen in den NSU-Komplex hat die Spekulationen noch angeheizt, der im Oktober 2016 verstorbene Neonazi und NPD-Funktionär Frank Schwerdt könnte V-Mann gewesen sein.
Doch nun kommt auf Druck des NSU-Untersuchungsausschusses im Landtag heraus: Einer der einst einflussreichsten Neonazis in der Brandenburger NPD und im Umfeld der hiesigen Neonazi-Kameradschaften spitzelte doch nicht für den Verfassungsschutz des Landes.
Das Innenministerium hatte jede Auskunft verweigert
Zunächst hatte das Innenministerium dem NSU-Untersuchungsausschuss – wie berichtet – jede Auskunft darüber verweigert, ob Schwerdt V-Mann war. Und auch dem Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte das Ministerium nur Auskunft erteilt unter dem Geheimhaltungssignum „VS NfD“ – „Verschlusssache, nur für den Dienstgebrauch“.
Mit seiner ersten Auskunftsverweigerung hatte das Innenministerium trotz aller Versprechen, Brandenburgs NSU-Untersuchungsausschuss bei seiner Aufklärung von möglichen Verstrickungen der hiesigen Behörden zu unterstützen, einen unter Experten und Szenekennern schon lange gehegten Verdacht befeuert: Dass der Verfassungsschutz weitaus stärker an zentralen Stellen aktiv war und führende Köpfe der rechtsextremistischen Szene als Spitzel geführt haben könnte.
Welche Rolle spielte der Verfassungsschutz beim Erstarken der Neonazi-Szene
Ohnehin steht die Frage im Raum, welchen Anteil der Verfassungsschutz selbst am Wachstum von Kameradschaften und der Neonazi-Szene in Brandenburg hatte. Inwieweit er von militanten Aktionen gewusst, diese hingenommen haben könnte – oder ob ihm der Versuch, die Szene auszukundschaften und mit Quellen an zentralen Stellen unter Kontrolle zu halten, aus dem Ruder geraten ist. Dazu, dass Frank Schwerdt als V-Mann für den Verfassungsschutz aktiv war, gibt es seit Jahren Hinweise, die sich bislang aber nicht erhärtet und bestätigt haben.
In seiner Sitzung am Freitag drohte der Brandenburger NSU-Untersuchungsausschuss nun damit, Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) in den Landtag zu zitieren. Da erklärten die Vertreter des Innenministeriums hinter verschlossener Tür in geheimer Runde, Frank Schwerdt war kein V-Mann des Brandenburger Verfassungsschutzes. Sie begründeten die bisherige Blockade und die weitere Geheimhaltung damit, dass sonst die rechtsextremistische Szene anhand der Informationen Rückschluss auf andere mögliche V-Männer ziehen könnte.
Der Verfassungsschutz befürchtete Rückschlüsse auf andere V-Männer
Bereits zuvor hatte das Ministerium darauf verwiesen, dass derlei Informationen geheimhaltungspflichtig seien. Sollten Details bekannt werden, sei das Staatswohl gefährdet. Es würden Rückschlüsse auf „nachrichtendienstliche Zugänge“ ermöglicht. Damit wären die Arbeit des Verfassungsschutzes und die Sicherheit seiner Mitarbeiter gefährdet.
Schwerdt war Oktober 2016 im Alter von 72 Jahren verstorben war. Der Neonazis war in den in den 1990er-Jahren einer der einflussreichsten Rechtsextremisten in Brandenburg, nicht nur in der NPD, wo er seit Ende der 1990er-Jahre Bundesgeschäftsführer war, sondern zuvor in der gewaltbereiten Neonazi- und Kameradschaftsszene. Er steuerte in Brandenburg etwa den Aufbau sogenannter „nationaler Jugendklubs“, schuf mit dem Verein „Die Nationalen“ hatte Schwerdt in den 1990er-Jahren eine breite Sammlungsbewegung von Neonazis in Berlin und Brandenburg. Er galt als „Spiritus Rector“ mehrerer Nazi-Gruppen wie der „Kameradschaft Oberhavel“ und der„Märkische Heimatschutz“.