Selbst die rechte "Patriotische Plattform" ist ihnen zu lahm: In der AfD Thüringens und Sachsens organisieren sich die Gegner von Parteichefin Frauke Petry.
von Matthias Meisner
Norbert Mayer, der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Stadtrat von Freital, hat sich bereits vor Jahren auf den politischen Weg nach ganz weit rechts gemacht. Jahrelang machte er in der Kleinstadt bei Dresden für die CDU Kommunalpolitik, das ist für ihn wegen Angela Merkel schon lange undenkbar geworden.
Jetzt will Mayer in der AfD eine Rolle spielen, die über die eines Kommunalpolitikers hinausgeht - indem er den innerparteilichen Widerstand gegen die AfD-Bundes- und sächsische Landes- und Fraktionsvorsitzende Frauke Petry mit organisiert. Im thüringischen Seitenroda ließ sich der Freitaler am Wochenende in den Gründungsvorstand einer "Freiheitlich Patriotischen Alternative" (FPA) wählen - und damit einer Vereins, der sich noch rechts vom parteirechten Zirkel "Patriotische Plattform" verortet.
Die Initiatoren um den Leipziger Rechtsanwalt Roland Ulbrich teilen dazu mit, die FPA sei gegründet worden "aus Unzufriedenheit" über eine "immer lahmer wirkende Patriotische Plattform". Geboren worden sei ein "neues politisches Korrektiv", das sich "vor allem der Basisdemokratie verschreibt und auf Einhaltung von Recht und Gesetz auch innerhalb der eigenen Partei achten wird". Die FPA wolle keine Abspaltung von der AfD, sondern eine "zielführende innerparteiliche Auseinandersetzung".
Schulterschluss mit Pegida & Co.
Inhaltlich orientieren will sich die FPA an der Rede, die der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke Mitte Januar im Dresdner Ballhaus Watzke gehalten hat. Auf Facebook schreibt Ulbrich: "Selbstverständlich bin ich lieber mit Höcke Idealist als mit Petry und (dem nordrhein-westfälischen AfD-Chef und Petry-Ehemann, d. Red.) Pretzell Opportunist." Beifall zur der FPA spendeten unter anderem der von Rechtsextremisten dominierte thüringische Pegida-Ableger Thügida und Silvio Rösler aus Leipzig, der den dortigen Pegida-Ableger Legida gegründet hat. Thügida-Vorstandsmitglied Uta Nürnberger wurde in den Gründungsvorstand der FPA berufen.
Dass Petry auch im eigenen Landesverband an Rückhalt verliert, deutet sich seit Monaten an. Ende Januar wählte die Sachsen-AfD Höckes Vorredner im Ballhaus Watzke, Jens Maier, auf den aussichtsreichen Listenplatz zwei für die Bundestagswahl, damit unmittelbar hinter Petry, die Platz eins belegt. Maier, Richter am Landgericht Dresden, hat sich als Gefolgsmann von Höcke klar positioniert und damit auch als Widersacher von Petry. Den "Schuldkult" erklärte Maier im Ballhaus Watzke für "endgültig beendet", er beklagte eine in Deutschland zu beobachtende "Herstellung von Mischvölkern, um die nationalen Identitäten auszulöschen". Norbert Mayer aus Freital lobt seinen Parteifreund Maier auf Facebook: "Ein Mann mit Haltung und aufrechtem Gang!"
Für Mayer selbst ist das Engagement gegen Petry nur konsequent. Im November 2015 forderte Mayer den Landrat seines Kreises Sächsische Schweiz/Osterzgebirge in einem offenen Brief auf, Widerstand gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin zu leisten. Er protestierte gegen die damals geplante Unterbringung von Flüchtlingen in einer Schulturnhalle: "Schicken Sie die Busse ins Kanzleramt! Dort sitzt die Einladende." Etwa zur gleichen Zeit gab er der "Sächsischen Zeitung" ein Interview, in dem er behauptete, die Menschen, die jetzt nach Deutschland kämen, würden ihre Konflikte anders austragen, "bei denen ist auch manchmal ein Messer dabei". Deren Ideologie "passt hier nicht her". Und: "Europa hat sich nicht umsonst 1529 und 1683 gegen die Türken gewehrt."
Bemerkenswert ist auch Mayers Wortmeldung, nachdem die Ermittlungsbehörden im April 2016 zum Schlag gegen die mutmaßlich rechtsterroristische "Gruppe Freital" ausholten, der unter anderem Anschläge auf Asylunterkünfte vorgeworfen werden. "Passt bloß auf, dass bei Euch niemand Polenböller kauft, sonst kommt die GSG 9 auch zu Euch!", ermahnte er damals seine Anhänger.
Getreue hat Petry in der Landtagsfraktion
Die innerparteilich wichtigsten Unterstützer - neben ihrem Ehemann Pretzell - hat Petry bisher in der Dresdner Landtagsfraktion. Dort kann sie sich auf Getreue wie unter anderem den sächsischen Generalsekretär Uwe Wurlitzer verlassen. Doch auch hier könnte sich das Machtgefüge verschieben. Denn neben Petry hat auch der Landtagsabgeordnete Detlef Spangenberg einen aussichtsreichen vierten Platz auf der AfD-Landesliste für den Bundestag - dort will er nun die "Altparteien vor sich hertreiben" wie bisher im Landtag.
Für Norbert Mayer bedeutet diese Konstellation eine gute Aussicht, von Herbst an Abgeordneter im sächsischen Landtag zu werden. Denn er ist der zweite Nachrücker auf der AfD-Liste für den Landtag. Aus der Rolle des Kommunalpolitikers wäre der AfD-Rechte damit endgültig heraus.