NRW testet schnelleres Asylverfahren

Erstveröffentlicht: 
25.01.2017

Das Land NRW möchte Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung entlasten und testet dafür in Sankt Augustin, Ratingen und Bottrop ein Pilotverfahren - nicht ohne Protest.

 

Eigentlich sollen Flüchtlinge in dem EU-Land Asyl beantragen, in das sie einreisen. Viele kommen trotzdem nach Deutschland, müssen aber nach EU-Recht wieder zurückgeschickt werden. Dieses Verfahren will die Landesregierung beschleunigen. 

 

Wo in NRW sind Unterbringungseinrichtungen für sogenannte "Dublin-Flüchtlinge" geplant?


In NRW soll es drei Einrichtungen geben: in Sankt Augustin, Ratingen und Bottrop. Die Einrichtung in Bottrop ist seit dem 01.12.2016 in Betrieb, die beiden anderen sollen im Februar eröffnet werden. Dafür hat sich das Land NRW mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf ein sechsmonatiges Pilotverfahren verständigt. Dieses soll laut Innenministerium zu einer Entlastung der Kommunen in NRW führen.

 

Die Bürger der Kommunen, in denen die "Dublin-Flüchtlinge" untergebracht werden sollen, fühlen sich aber überrumpelt. So auch in Sankt Augustin: Das Land hat zwar mitgeteilt, dass es mehr Streetworker und Polizeistreifen rund um die ehemalige Bundeswehrkaserne geben soll. Der Bürgermeister Klaus Schumacher ist aber mehr als unzufrieden mit der Informationspolitik des Landes. "Die Stadt hat über einen runden Tisch die Information bekommen", sagt er, "und dann dauerte es eine ganze Zeit, bis die Bezirksregierung uns etwas dazu sagen konnte." Auch die, so sein Eindruck, sei etwas überfahren worden. 

 

Was ist das Dublin-III-Verfahren?


Gedacht sind die neuen Einrichtungen für Asylsuchende im sogenannten Dublin-III-Verfahren. Für das Asylverfahren eines Schutzsuchenden ist eigentlich immer der Staat zuständig, in dem der Flüchtling erstmals EU-Boden betreten hat. Das regelt seit 2013 die Dublin-III-Verordnung. Reist ein Flüchtling etwa aus Griechenland, Italien, Ungarn oder Bulgarien weiter nach Deutschland, kann er in das Erstaufnahmeland zurückgeschickt werden. Flüchtlinge haben allerdings das Recht, dagegen per Eilantrag Widerspruch einzulegen. Ist die Rückführung nicht binnen sechs Monaten erfolgt, muss das Land, das um Übernahme ersucht hat, also etwa Deutschland, das Asylverfahren durchführen. 

 

Warum werden diese Zentren eingerichtet?

 

Durch die beschleunigte Verfahrensbearbeitung im Pilotverfahren soll nach Angaben des Innenministeriums die Aufenthaltszeit der betroffenen Personen in Deutschland deutlich verkürzt werden. Insgesamt erhoffen sich das Land NRW und das BAMF eine "Effizienzsteigerung". Denn nach Angaben des Innenministeriums gab es im Jahr 2015 bundesweit 44.892 Übernahmeersuchen aus Deutschland an andere Mitgliedstaaten nach Dublin III. 29.699 Ersuchen wurde zwar zugestimmt, es kam aber nur zu 3.597 Überstellungen. Das entspricht 12 Prozent der Zustimmungen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2016 waren es mit 14 Prozent etwas mehr (23.218 Zustimmungen bei 3.226 Überstellungen). 

 

Wie groß sollen die neuen Zentren werden?


Die Einrichtungen in Sankt Augustin, Ratingen und Bottrop werden nicht ausschließlich für die Unterbringung von "Dublin-Flüchtlingen" genutzt. Das Land legt deshalb auch Wert darauf, dass es sich nicht um "Ausreisezentren" handelt. In Bottrop werden nach Angaben des Innenministeriums jetzt schon bis zu 230 von insgesamt 350 Plätzen für das Dublin-Pilotverfahren genutzt. In Ratingen sollen es ab Februar bis zu 300 von 450 Plätzen werden, in Sankt Augustin bis zu 370 von 550. Insgesamt stellt das Land damit rund 900 Plätze bereit. 

 

Werden die Einrichtungen gesondert gesichert?


"Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende sind nach dem Asylgesetz keine geschlossenen Einrichtungen", teilt das Innenministerium mit. Dies gelte nicht nur für Einrichtungen für Personen, die unter das Dublin-Pilotverfahren in Nordrhein-Westfalen fallen, sondern für sämtliche Einrichtungen für Asylsuchende bundesweit.