Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe verteilte Holms Stasi-Akte an Journalisten

Erstveröffentlicht: 
26.01.2017

Der Leiter der Stasi-Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen befeuerte die Empörung über die Berufung des Staatssekretärs. Dabei verstieß er möglicherweise gegen das Unterlagen-Gesetz.

von Jost Müller-Neuhof

 

Nach dem Rücktritt des kurzzeitigen Baustaatssekretärs Andrej Holm wegen Stasi-Vorwürfen gerät der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, in die Kritik. Der Historiker hatte, teils auf Anfrage, die Stasi-„Kaderakte“ zu Holms Tätigkeit für den DDR-Geheimdienst Anfang Dezember per Internetlink zahlreichen Journalisten zur Verfügung gestellt, darunter dem Tagesspiegel. Zugleich hatte Knabe öffentlich Holms „Falschangaben“ zu seinem Lebenslauf kritisiert und damit die Debatte über seine Eignung für den Regierungsposten bei Senatorin Katrin Lompscher (Linke) befeuert. Der Tagesspiegel prüfte die Angaben zunächst und bezog sich erst nach der Bestätigung durch die Stasi-Unterlagen-Behörde, dass diese Akte echt sei, auf die Unterlagen.

 

In der Weitergabe könnte ein Verstoß gegen das Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) liegen. Dies sieht eine Herausgabe von Unterlagen an Medien nur in engen Grenzen vor. Grund dafür ist der strenge Datenschutz angesichts der sensiblen persönlichkeitsbezogenen Informationen. Der für die Aufsicht über die Gedenkstätten-Stiftung zuständige Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sieht eine eigenmächtige Aktenweiterleitung kritisch: „Mitarbeiter der Stiftung sind gemäß Gesetz grundsätzlich nicht befugt, Unterlagen von Einzelpersonen ohne besondere Genehmigung an Dritte weiterzureichen“, sagte ein Sprecher Lederers.

 

Die Stiftung, die die Hinterlassenschaften des zentralen Stasi-Untersuchungsgefängnisses verwaltet, ist als Anstalt öffentlichen Rechts an das StUG gebunden. Die Kulturverwaltung ließ offen, ob Knabe wegen seines Handelns belangt werden kann: „Jeder Einzelfall ist gesondert zu betrachten und zu prüfen“, sagte der Sprecher. Später wurden erweiterte Stasi-Unterlagen zu Holm von der Stasi-Akten-Behörde auf Antrag an Medien herausgegeben, darunter an den Tagesspiegel. 

 

Stiftung erklärt Weitergabe zu Knabes Privatsache


Der Stasi-Forscher Knabe war der Erste, der die geplante Berufung Holms zugleich mit der Aktenveröffentlichung als „Tabubruch“ und „Verhöhnung der DDR-Opfer“ kritisiert hatte. Den Aktenversand per Internet bestätigt er. Er habe den Link an Journalisten weitergeleitet, „um meine Sicht der Personalie zu begründen“. Die Stiftung erklärt die Weitergabe zu Knabes Privatsache: Dieser habe „während seines Urlaubs eine private E-Mail geschrieben, zu der in der Stiftung keine Informationen vorliegen“. Daran gibt es allerdings Zweifel, da Stiftungsleiter Knabe selbst zuvor noch angegeben hatte, „mein Mitarbeiter“ habe ihm die Akte geschickt. Später erklärte er dann, er habe das Dokument von einem „freien Journalisten“ erhalten.

 

Die Gedenkstätte Hohenschönhausen hat am Donnerstag die Vorwürfe zurückgewiesen. Einen Text dazu lesen Sie hier, die entsprechende Pressemitteilung hier.