Im Schatten der Höcke-Rede: AfD formiert sich vor Bundestagswahl

Erstveröffentlicht: 
26.01.2017

Ursprünglich war vom Landesparteitag der sächsischen AfD an diesem Wochenende nicht viel Spannendes erwartet worden. Nach der heftig kritisierten Rede des Thüringer Parteichefs Höcke in Dresden ist das anders - mit Folgen auch für die Kandidatenliste zur Bundestagswahl.

 

Dresden. Wenn die sächsische AfD an diesem Wochenende in Klipphausen (Landkreis Meißen) zu ihren Landesparteitag zusammenkommt, ist Björn Höcke mit dabei. Zwar nicht persönlich - aber das, was der Thüringer AfD-Rechtsaußen vergangene Woche in seiner Dresdner Rede vom Stapel ließ, wird die rund 320 Delegierten beschäftigen. Dass Höcke in Sachsen Anhänger hat, haben die Begeisterungsstürme bei seinem Auftritt gezeigt. Im Landesvorstand um AfD-Chefin Frauke Petry wird das mit Sorge gesehen.

 

In Klipphausen müsse deutlich werden, dass Höcke mit seiner Forderung nach einer 180-Grad-Wende im Umgang mit der deutschen Vergangenheit und dem Holocaust der Partei geschadet habe, meint Generalsekretär Uwe Wurlitzer. „Als Partei haben wir nach all diesen Auftritten dutzende Veranstaltungsorte, Unterstützer und Spender verloren, auch der AfD wohlgesonnene Verbände ziehen sich zurück, und die Verankerung in der Gesellschaft wird dadurch immer schwieriger“, schrieb Petry an die Mitglieder.

 

Deshalb sähen viele Höcke auch als Opfer. „Die schieben vieles auf die Falschdarstellung der Medien. Das ist zum Teil so. Aber zum überwiegenden Teil haben wir uns hier selber ein Ei gelegt“, meint der 42-jährige Leipziger. Doch es ist nicht nur Höcke, der für Sprengstoff auf dem Parteitag und der zugleich stattfindenden Aufstellungsversammlung für die Landesliste zur Bundestagswahl sorgen dürfte.

 

Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden, war ein Vorredner des Thüringers bei der Veranstaltung der AfD-Jugend in Dresden. Weil er dabei den „Schuldkult“ der Deutschen für „endgültig beendet“ erklärt und sich über „Mischvölker“ ausgelassen hatte, die geschaffen würden, um „die nationalen Identitäten auszulöschen“, wird gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt.

 

Von der Dresdner AfD zum Direktkandidaten für die Bundestagswahl gekürt, will Maier am Wochenende auch auf die Landesliste gewählt werden. Für die Parteiführung um Petry wäre das ein schwerer Schlag, ist sie doch um Abgrenzung zum Höcke-Flügel bemüht, der sich in der Dresdner Pegida wiederfindet.

 

Der Auftritt des erklärten Islam-Gegners Michael Stürzenberger vor einer Woche beim AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge - dem Wahlkreis Petrys - ist Wurlitzer deshalb ein weiterer Dorn im Auge. Wen sich die Kreisverbände einlüden, könne er aber nicht bestimmen. „Wir haben im Raum Dresden - das betrifft Meißen, SOE (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) und Teile von Bautzen - das Problem, dass die sehr, sehr Pegida-lastig sind“, räumt er ein.

 

Stürzenberger ist Dauerredner bei Pegida. Wie der Chef der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, Lutz Bachmann, bejubelte auch er Höckes Ausführungen und das einstweilige Scheitern des von Petry betriebenen Versuchs, den Thüringer aus der AfD auszuschließen.

 

Die in den vergangenen Monaten deutlich gewachsene Anbiederung der Pegida-Führung an die AfD sieht Wurlitzer nüchtern: „Ich glaube, die wollen einfach irgendwelche Posten haben. Die scheren sich überhaupt nicht um Inhalte.“ Zwar stehe seine Partei weiter hinter den Menschen, die auf die Straße gingen. „Aber das Problem, das wir mit der Pegida-Führung haben, das haben wir immer noch. Und deshalb wird es auch weiterhin keine Zusammenarbeit geben.“

 

Es sei schon „ein Stück weit schade, dass das, was da auf der Straße möglich wäre, nicht ausgenutzt wird“, sagt der AfD-Generalsekretär mit Blick auf die Hochzeit der Pegida vor zwei Jahren, als in Dresden noch mehr als 20 000 Menschen unterwegs waren. „Der Missbrauch der Leute, die da auf die Straße gehen und sich etwas erhoffen, und das, was dann tatsächlich umgesetzt wird, das finde ich schändlich.“

 

Bei der Bundestagswahl im September hofft Wurlitzer auf ein Ergebnis für die AfD „irgendwo zwischen 15 und 25 Prozent“ in Sachsen. „Das kommt noch ein bisschen darauf an, wie ungeschickt wir uns selbst anstellen und wie viele Wahlgeschenke uns die Altparteien machen.“ Der Parteitag am Wochenende wird eine Probe fürs Führungsgeschick sein.

 

Von Martin Fischer, dpa