Heute morgen gegen 8 Uhr brachten Antifaschist_Innen mehrere selbstgemachte Plakate in der Langen Rötterstr. in der Mannheimer Neckarstadt an (sein letzter Wohnort). Die Plakate zeichnen das Konterfei Friedrich Dürrs ab, zusammen mit Roten Nelken und einem aufgeklebten Schriftzug zur Verhinderung des Naziaufmarsches in Wiesbaden am 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus.
Die Plakate wurden um den Stolperstein Friedrich Dürrs herum angebracht.
Friedrich Dürr war ein kommunistischer Widerstandskämpfer in und aus Mannheim. Im illegalen, antifaschistischen Ausschuß im Stadtteil Neckarstadt setzte er sich für eine Einheitsfront gegen den Faschismus ein, der unter Einschluss aller linken Strömungen, eine gemeinsame Strategie vor allem der Sozialdemokraten und Kommunisten gegen den Durchbruch des Nationalsozialismus zur Massenbewegung entwickeln sollte. Nach der Illegalisierung setzte die KPD ihren Widerstand gegen die herrschende Gesellschaft des Nationalsozialismus fort, im Frühjahr 1934 verhaftete die Gestapo die gesamte illegale Bezirksleitung der KPD Baden-Pfalz. Nach der Neuorganisierung wurde Friedrich Dürr Bezirkskassierer.
In
der Neujahrsnacht 1933 auf 1934 hatte Friedrich Dürr zusammen mit
seinem Freund Otto Lump um 24 Uhr Propaganda gegen den NS verbreitet.
Dies geschah mittels Flugblättern, die aus platzenden Ballons auf
den Marktplatz flogen. (Der Alternative Stadtführer spricht von der
Neujahrsnacht 1934 auf 1935 und bezieht sich auf eine Aktion am
Paradeplatz, Fritz Salm erwähnt sowohl den Marktplatz als auch den
Tatersall als Ort der Aktion). Der Text der Flugblätter
lautete: "Mit Jammern und Klagen wird nichts bestellt, mit
Hammer und Sichel gewinnst du die Welt." Ein zweites Flugblatt
appellierte: "1935! Schmiedet die Einheitsfront gegen Hitler!".
Am 8.Januar 1935 wurde er wegen seines antifaschistischen
Engagements durch die Kriminalpolizei verhaftet.
Sein letzter
Wohnsitz in Mannheim bis zu seiner Verhaftung im Januar 1935 war die
Lange Rötterstr. 22.
Noch in Haft wurde er vom Oberlandesgericht
Karlsruhe am 18.07.1935 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 3
Jahren Zuchthaus verurteilt.
Die Verhaftungen im Winter 1934 auf
1935 hatten schlimme Folgen für jeden einzelnen der Inhaftierten und
besonders für die betroffenen Familien. Die illegalen Gruppen der
IAH und der Roten Hilfe versuchten, die größte Not zu lindern. Vor
allem im Stadtteil Waldhof wurden Sammlungen von Geld und
Lebensmitteln durchgeführt. Ebenso in Orten des Landkreises. Dort
bestanden aktive Gruppen der Roten Hilfe, es wurde sogar eine eigene
Zeitung herausgegeben. Für die Kinder der politischen Gefangenen
wurden Patenschaften organisiert. Auch in den Betrieben sammelte man
Solidaritätsspenden. Die Kommunisten und auch Parteilose des
Betriebes Motorkondensator unterstützten zum Beispiel die Frau des
verhafteten Friedrich Dürr. Auch diese Sammlungen mussten wie jede
andere antifaschistische Aktivität unter Beachtung konspirativer
Regeln durchgeführt werden.
Jene Strafe musste er im Zuchthaus
in Bruchsal absitzen, anschließend wurde er aufgrund seines
Nichtzusammenarbeitens mit dem Justizapparat, dem er eine Aussage
über die KPD-Strukturen verweigerte, in Konzentrationslager
deportiert.
Zuerst wurde er in das Außenlager Aschendorf des
Konzentrationslagers Esterwegen deportiert, ab dem 30.07.1938 wurde
er im Konzentrationslager Dachau unter der Häftlingsnummer 308
geführt.
Er musste Zwangsarbeit in der Waffenwerkstatt der SS
leisten, suchte aber von Anfang an dies zu nutzen, in dem er über
Pläne zu einer bewaffneten Erhebung gegen die SS im
Konzentrationslager Dachau nachdachte.
Ermordet wurde er am
28.04.1945, nach führender Beteiligung am Dachauer Aufstand, der
kurz vor der Befreiung durch die Alliierten als eine Erhebung der
Häftlinge des Konzentrationslagers zur Befreiung der Stadt Dachau
begann.
Ein SS-Kommando erschoss Friedrich Dürr wie weitere
Antifaschisten in den Straßen Dachaus. Später erhielt er einen
Gedenkstein vor dem Rathaus in Dachau, eine Straße in Dachau wurde
nach Friedrich Dürr benannt.
Das seit über 30 Jahren existierende selbstverwaltete Jugendzentrum Friedrich Dürr in Mannheim trägt seinen Namen.
Wir wollten mit dieser Aktion ein progressives Gedenken an den antifaschistischen Kampf gegen den Nationalsozialismus durchführen und eine Mobilisierung zur Feier des 8.Mai, dem Tag der Befreiung, sowie natürlich zur Verhinderung des Naziaufmarsches der JN in Wiesbaden, am gleichen Tag, erreichen.
Unser Hintergrund war nicht der einer „Heldenverehrung“, sondern die Erinnerung an die Notwendigkeit des antifaschistischen Kampfes und an die Opfer die der Nationalsozialismus forderte.
Und wenn wir jetzt auch zum Abschluss für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Theorien, Analysen und Praktiken der damaligen Genoss_innen plädieren, wollen wir diese Menschen keinesfalls düpieren, sondern wollen daran erinnern was für eine tragische Reichweite Fehlentscheidungen und falsche Analysen hatten. Das ist heute genau so eine historische Verantwortung für undogmatische Antifaschist_innen, wie die Erinnerung an die Kämpfe und die Opfer der damaligen Widerstandskämper_innen.
Kein Vergeben – Kein Vergessen!
Es gibt nichts zu feiern außer den 8.Mai!
Kein Naziaufmarsch in Wiesbaden!
Alerta Antifascista!