Rechter Terror - Extremistisch, bewaffnet und gewaltbereit

Erstveröffentlicht: 
04.11.2016

Experten warnen, dass sich im Pegida-Umfeld neue Strukturen für rechten Terror entwickeln könnten. Erste Anzeichen gibt es bereits.

 

Es war früh um vier Uhr, als am 19. April 200 Einsatzkräfte eine rechtsterroristische Gruppe im sächsischen Freital aushoben. Bei dem Einsatz wurden fünf Angehörige einer selbsternannten Bürgerwehr mit dem Namen „Gruppe Freital“ verhaftet. Die Gruppe hatte Anschläge auf Flüchtlingsheime begangen, Asylhelfer angegriffen und weitere Attentate vorbereitet. Die Bundesanwaltschaft wirft den mutmaßlichen Tätern daher neben der Bildung einer terroristischen Vereinigung auch versuchten Mord in mehreren Fällen vor.

 

Einen Glücksfall nennt die Dresdner Rechtsanwältin Katie Lang den Umstand, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen in diesem Fall an sich gezogen hat. Zwar hatte die sächsische Justiz auch schon ermittelt, nachdem die „Gruppe Freital“ zwischen September und Oktober 2015 drei Sprengstoffanschläge auf bewohnte Flüchtlingsheime und ein alternatives Wohnprojekt durchgeführt hatte. Die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden aber behandelte den Fall nicht als Terrorismus, wie Anwältin Lang kürzlich auf einer von der Linken-Bundestagsfraktion in Berlin organisierten Rechtsterrorismus-Tagung sagte. 

 

Kein Kontakt zu Neonazis


Die Verdächtigen aus Freital waren vorher nicht als Rechtsextremisten aufgefallen und auch nicht mit der örtlichen Nazi-Szene verbunden. Der Typ „besorgter Bürger“ eben, der zwar eine rechte Ideologie vertritt, aber seine Einstellung vorerst nur auf Pegida-Kundgebungen und in Anwohnergruppen wie der Freitaler „Nein-zum-Heim“-Initiative auslebt. Eine Entwicklung, die bundesweit zu beobachten ist, wie Uli Jentzsch vom Berliner Antifa-Archiv apabiz sagt: „In Teilen der Bevölkerung, selbst dort, wo wir es nicht mit dem harten Kern der Neonazis zu tun haben, sehen wir den Widerhall einer Rassenkriegs-Ideologie.“

 

Diese Menschen wähnten sich in einer Situation, in der die Merkel-Regierung „Volksverrat“ begangen hat, analysiert Jentzsch, weshalb sie sich als berechtigt ansähen, „das Volk“ zu verteidigen. „Sie fühlen sich einer Art nationalem Widerstand verpflichtet. Dieser Widerstandsbegriff wird auf der Straße, vor allem von den Pegida-Rednern, ganz bewusst und massiv verwendet.“ In der Folge entstehe die Gefahr, dass sich unterhalb von dem, was bislang als Rechtsterrorismus gilt, lokale Strukturen entwickeln, die politischen Terror ausüben, so Jentzsch. „Personenkreise, die an sich schon nach rechts offen und deutlich rassistisch, aber nur in Teilen neonazistisch organisiert sind, machen sich auf, Volkswillen zu exekutieren. Dazu bewaffnen sie sich, dazu führen sie Anschläge durch, die eine Tötung von Betroffenen bewusst in Kauf nehmen.“

 

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner warnt davor, dass eine solche „gewalttätige Straßenbewegung“ auch die alten und gefestigten Strukturen des Rechtsterrorismus in Deutschland wieder aktivieren könnte. „Die Ku-Klux-Klan-Verbände, aber auch das europaweit organisierte Terrornetzwerk Combat 18, der militärische Arm der in Deutschland verbotenen Bewegung Blood&Honour, werden versuchen, aus dieser neuen Militanzwelle personell, organisatorisch und propagandistisch eine Wiederbelebung zu erreichen“, sagt sie.

 

Erste Anzeichen für eine solche Wiederbelebung gibt es bereits: Im Juli traf sich das Gründungsmitglied von Combat 18, der englische Neonazi Wilf Browning, mit früheren Weggefährten aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden in Dortmund. Mit dabei waren auch Thorsten Heise, einer der bundesweit einflussreichsten Neonazis, und der Dortmunder Robin Schiemann, früheres B&H-Mitglied, mit dem Beate Zschäpe aus der Haft heraus eine Brieffreundschaft pflegte.