Von unserem Mitarbeiter
Thomas Goebel
Gut ein Jahr nach der Anti-Nato-Demonstration in der Freiburger
Innenstadt ist gestern ein gerichtliches Nachspiel des Protests zu Ende
gegangen: Das Verfahren gegen einen 22-jährigen Mann, der während der
Demo eine sogenannte Rauchbombe geworfen hatte, wurde vom Landgericht
gegen Zahlung von 500 Euro eingestellt. Das Amtsgericht hatte den
Angeklagten im letzten August zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe
und 1200 Euro verurteilt, dagegen war er in Berufung gegangen.
Bereits zu Beginn der Hauptverhandlung
deutete die Vorsitzende Richterin Susanne Müller an, dass eventuell noch
einmal gründlich erörtert werden müsse, ob es sich bei dem Wurf einer
rauchenden Kugel aus Aluminiumfolie tatsächlich um eine versuchte
schwere Körperverletzung handele — so hatte es das Amtsgericht in erster
Instanz entschieden. Zunächst ging es aber noch einmal um die Frage, ob
der Angeklagte überhaupt der Werfer war.
Wie schon in erster Instanz belastete ihn ein
Polizeibeamter, der während der Demo am 30. März 2009 im Einsatz war.
Damals protestierten gut 2000 Menschen in der Innenstadt gegen den
Nato-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden. Der Polizist sagte aus,
der Angeklagte sei im vorderen Bereich des Zuges gelaufen und wegen
seiner hellbraunen Jacke unter den ansonsten schwarz gekleideten
Demonstranten gut zu erkennen gewesen. Er habe ihn klar als Werfer
identifiziert und deshalb seine Festnahme veranlasst. Die Rauchbombe sei
in einem Bogen über seine Kollegen und ihn hinweggeflogen und auf dem
Dach eines Einsatzfahrzeuges gelandet; ein Polizist löschte sie in einem
nahen Bächle.
Nach einer
Verhandlungspause erklärten Staatsanwältin und Verteidigerin, dass sie
sich unter bestimmten Bedingungen eine Einstellung des Verfahrens
vorstellen könnten — ein Anliegen, dem sich die drei Richter der
Strafkammer nicht grundsätzlich entgegenstellten. Verteidigerin Angela
Furmaniak gab daraufhin im Namen des Angeklagten, der zu den Vorwürfen
bisher geschwiegen hatte, eine Erklärung ab: Er habe an der Demo
teilgenommen, sich teilweise, wie in der Anklage behauptet, mit einem
Schal vermummt — und einen Rauchkörper geworfen, der aus einem
angezündeten, in Alufolie gewickelten Tischtennisball bestanden habe. Es
sei ihm lediglich um den Rauch-Effekt gegangen, deshalb habe er die
Kugel über die Polizisten hinweg geworfen.
Daraufhin stellte das Gericht das Verfahren ein. Als
Auflage muss der nicht vorbestrafte Angeklagte, der zurzeit eine
Ausbildung im sozialen Bereich macht, 500 Euro an die
Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl zahlen.