Dresden. Das Stadtfest in Dresden vor gut einer Woche war eine Art Generalprobe, rund um den 3. Oktober wird es nun endgültig ernst: Wenn Staatsgäste und Hunderttausende Besucher zur Einheitsfeier die sächsische Landeshauptstadt besuchen, haben die Sicherheitskräfte alle Hände voll zu tun. Denn dann richten sich alle Augen mal wieder auf Dresden – nicht nur wegen der Einheitsparty, auch wegen möglicher Neonazi-Randale und Gegendemos von Links. Hinzu kommt die Tatsache, dass das Fest nach München oder Ansbach in Terror-Zeiten über die Bühne gehen soll.
Entsprechend sind die Vorbereitungen längst angelaufen, die Polizei richtet sich auf einen Großeinsatz ein. „Zur Einheitsfeier wird geballte Prominenz an der Elbe sein“, meint ein Mitarbeiter des Planungsstabes, „da wird die Stadt zur Festung“. Und dabei kann das Dresdner Stadtfest als eine Art Blaupause dienen. Denn dazu waren rund 500 000 Besucher gekommen, etwa genauso viele wie im Oktober erwartet werden. Mit einem Unterschied: Beim Stadtfest war die Polit-Prominenz in weitaus geringerem Maße vertreten, und auch das internationale Interesse hielt sich in Grenzen.
Beides wird sich nun ändern. Folge: „Das Sicherheitskonzept können wir teilweise übernehmen“, heißt es aus der Staatsregierung. „Im Vergleich zum 3. Oktober aber war das Stadtfest Kindergeburtstag.“ Dahinter steht zum einen die Sorge, dass die Einheitsfeier notorische Nörgler sowie Rechts- und Linksextreme auf den Plan rufen könnte. So fällt der 3. Oktober auf einen Montag, und der ist in Dresden klassischer Pegida-Tag. Nicht zufällig hat auch die ehemalige AfD-Politikerin und Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling am 3. Oktober zu einer Protestkundgebung aufgerufen – Motto: „Komm Merkel, hier erlebst du dein Blaues Wunder!“.
Angesichts dieser Gemengelage gehen Sicherheitskräfte davon aus, dass es mindestens zu Pöbeleien vor laufenden Kameras kommt – rund um die Zelte der sogenannten Ländermeile zum Beispiel. In diesem Bereich östlich der Frauenkirche werden sich die Bundesländer präsentieren, naturgemäß ist er damit weitgehend offen für jedermann. Allerdings wird es im Vorfeld ausgiebige Kontrollen geben – wie bereits beim Stadtfest. Dort gab es Sperrkreise und sogenannte Securitytower, also Sicherheitstürme zur Beobachtung. Es wurde ein Glasflaschen- und Rucksackverbot erteilt, Besucher mussten sich auf Taschenkontrollen einstellen. Darüber hinaus waren sogenannte Verfolger im Einsatz. Das sind Scheinwerfer, die sonst als Bühnentechnik dienen. In diesem Fall aber waren sie auf das Partygelände in Dresden gerichtet. Damit hätten sich, meinten die Veranstalter hinterher, zumindest Rangeleien und hitzige Wortgefechte verhindern lassen.
Das ist der eine, politisch heikle Aspekt dieser Einheitsfeier in der Pegida-Hochburg Dresden. Der andere dreht sich um wesentlich handfestere Gefährdungsszenarien. Zwar dürfte die Polizei in ähnlicher Truppenstärke unterwegs sein wie sonst nur bei den Neonazi-Aufmärschen am 13. Februar, das heißt irgendwo im Bereich von 1700 Beamten. Die Terror-Anschläge der vergangenen Wochen aber haben demonstriert, dass sich Großveranstaltungen solcher Art nie hundertprozentig absichern lassen.
Das sieht auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) so. Weiterhin bestehe die „abstrakte Gefahr“ eines Anschlages, meint der Ressortchef, absolute Sicherheit werde es nicht geben. „Gewalttaten, gleich welcher Motivation, sind niemals gänzlich auszuschließen.“ Gleichzeitig aber betont Ulbig, dass es „keine Hinweise auf konkrete Planungen“ gebe. Jedenfalls seien die Sicherheitsbehörden in Sachsen gut aufgestellt, auch die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern funktioniere.
Die Einheitsfeier findet seit 1990 stets in der Landeshauptstadt jenes Bundeslandes statt, das den Vorsitz im Bundesrat hat. Turnusgemäß ist damit mal wieder Dresden an der Reihe, das bereits im Jahr 2000 Veranstaltungsort war. Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Länderchefs werden auch Bundespräsident Joachim Gauck sowie Botschafter erwartet.
Von Jürgen Kochinke